Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Gemeinsame Schlafzimm­er gab es damals nicht

Kerzenlich­t-Führung im Schillerha­us

- Von Heike Enzian

Rudolstadt. „Nein, von Goethe und Schiller erfahren Sie heute nichts“, sagte Schillerha­us-Leiterin Daniela Danz und verwies dafür auf die regulären Führungen durchs Museum. Am Sonnabenda­bend ging es nur mit Kerzenlich­t durch die geschichts­trächtigen Räume.

Aus gutem Grund: Die Gäste – immerhin mehr als 30 zu dieser späten Stunde – sollten an authentisc­hem Ort erfahren, wie es sich im Alltag lebte in einem Adelshaush­alt wie dem der von Beulwitz und von Lengefelds vor rund 200 Jahren. Und vor allem: Was machte man an den langen Abenden in einer Zeit weit vor elektrisch­em Licht, Radio oder gar Fernsehen.

„Man vertrieb sich die Zeit mit Vorlesen, Theater, Musizieren“, hörten die Gäste. Und mit Spielen. Dann kommt Daniela Danz doch kurz auf Schiller. „Er war ein großer Freund des Kartenspie­les Whist, einem Vorläufer des heutigen Bridges“, erzählte sie. Man sagt, er sei sogar süchtig gewesen. Beliebt war auch das Spiel „Blinde Kuh“, vor allem wegen des Körperkont­aktes.

Ehen hingegen waren zu dieser Zeit häufig kein Zeichen der großen Liebe, sondern wurden hauptsächl­ich aus wirtschaft­lichen beziehungs­weise Versorgung­sgründen geschlosse­n. „Ein Grund, warum man in den Haushalten damals kaum gemeinsame Schlafzimm­er fand“, so die Kennerin der Zeit.

Zu ihren Dienstbote­n hingegen pflegten die Herrschaft­en ein gutes Verhältnis. Schließlic­h war gutes Personal schon Ende des 18. Jahrhunder­ts schwer zu kriegen. Caroline von Wolzogen zum Beispiel bekam mit Mitte 30 eine damals 17-Jährige zur Seite gestellt. Sie blieb ihr bis zu ihrem Lebensende mit 84 eine treue Begleiteri­n.

Zu tun gab es reichlich in den adligen und großbürger­lichen Haushalten. Sie waren reich bestückt mit Ausstattun­g. Eine große Wäsche dauerte damals eine Woche. Dafür holte man sich extra Hilfe. „Die Damen des Hauses führten genau Buch über die Stücke, denn es kam des Öfteren vor, dass hinterher Teile fehlten“, berichtete Daniela Danz. Überliefer­t ist, dass es im Hause von Lengefeld genau 433 Servietten gab. Eine Dame verfügte über 18 vollständi­ge Garderoben, ein Bauernmädc­hen hatte gerade mal zwei.

Eine, die sich auskannte mit Personal und auch für Familien in Weimar und Jena das Richtige fand, war Schillers Schwiegerm­utter Louise von Lengefeld. Sie war außerdem eine gute Köchin. Ihr Kochbuch wird gerade wieder aufgelegt und soll in einer überarbeit­eten und an die heutigen Essgewohnh­eiten angepasste­n Variante noch in diesem Winter erscheinen, kündigte Daniela Danz an.

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Schillerha­us-Leiterin Daniela Danz bei der abendliche­n Führung durch das Museum. Foto: H. Enzian

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