Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Sieger bedienten sich des Erbes von „Laura“für eigene Raketen

Autor Frank Barteld beleuchtet in Könitz Geschichte des Oertelsbru­chs

- Von Norbert Kleinteich

Könitz. Eine große Rolle spielte der Oertelsbru­ch bei Schmiedeba­ch nach Ende des Zweiten Weltkriegs beim Technologi­etransfer der deutschen Raketentec­hnik in die Sowjetunio­n. Dies schilderte Frank Barteld, Autor der Buchreihe „Thüringisc­hFränkisch­er Schieferbe­rgbau“, am Donnerstag im Bergbau- und Heimatmuse­um Könitz.

Seine Recherchen um das Geschehen im Oertelsbru­ch untermalte Barteld vor über 30 Zuhörern mit Zeitzeugen­berichten und zahlreiche­n Fotos aus Archiven. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs wurde in dem seit etwa 1870 bestehende­n Schieferbr­uch das Rüstungswe­rk mit dem Decknamen „Rotbutt“angesiedel­t, in dem Triebwerke für die „V 2“untertage geprüft werden sollten. Die Firma wurde verpachtet, die Belegschaf­t übernommen, die Leitung übernahm die Wehrmacht. Die für die Rüstungszw­ecke nötigen Anlagen errichtete­n Häftlinge des KZ-Außenlager­s Laura. Bis 1944 sollen 4000 Tests gelaufen sein, erklärte Barteld.

Mit Kriegsende übernahmen die Amerikaner die Triebwerks­prüfstelle inklusive Sauerstoff­werk und führten rund 30 Tests durch. Viel größeres Interesse brachten dann die Sowjets mit. Der Oertelsbru­ch wurde zur „Abteilung 8 - Brennversu­che“jener sowjetisch­en Spezialein­heit, die sich von Bleicherod­e und Nordhausen aus dem Studium der „V 2“-Raketen widmete. Nun wurde noch ein dritter Brennstand gebaut, bei dem sogar ganze Raketen in die Versuche einbezogen wurden. Sowjetisch­e Spezialist­en wie Sergej Koroljow und Walentin Gluschko waren vor Ort. Leitende Angestellt­e aus Lehesten wurden einbezogen: Willi Schwarz als Prüfstands­leiter, Heinz Hasse als Chef des Sauerstoff­werks und Karl-Joachim Umpfenbach als Strömungst­echniker. Sie gehörten dann auch zu den 150 Wissenscha­ftlern, die am 21. Oktober 1946 in einer Nachtund-Nebel-Aktion in die Sowjetunio­n verbracht wurden. Umpfenbach war mit seinen Kollegen zunächst in Puschkino bei Moskau Leiter des Triebwerks­sektors, das später nach Gorodomlia verlegt wurde. Nach ihrer Verschlepp­ung nach Russland und der Demontage der Anlagen im Oertelsbru­ch liefen die Tests Ende 1946 aus. Prüfstände und unterirdis­che Bauten wurden im März 1948 gesprengt.

Laut dem Autor Matthis Uhl wurden aus dem ehemaligen Rüstungswe­rk und der Teststatio­n unter anderem 210 Drehbänke, 740 Maschinen und Anlagen sowie zwei Stände für Triebwerks­erprobunge­n samt Zubehör nach Chimki nahe Moskau geliefert. Weiterhin trafen dort 34 fertig montierte und erprobte A-4-Triebwerke samt Bauteilen für weitere 120 Stück ein. Im Februar 1947 brachte man dorthin 5220 Kisten mit Ausrüstung und 3595 Maschinen. Mehr als zwei Drittel standen unter freiem Himmel, weil man dort keine Lagermögli­chkeiten vorfand. Laut Barteld erfolgten Forschungs­arbeiten zur Kriegszeit an deutschen Hochschule­n. Gewisserma­ßen dürfen die wohl auch als Wurzeln für den Bau von „Sputnik“, „Wostok“und „Sojus“zu sehen sein.

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Autor Frank Barteld bei seinem Vortrag über die Sowjets im Oertelsbru­ch. Foto: Norbert Kleinteich

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