Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Neues Wohnen in alten Schulen
Am Eichwald in Bad Blankenburg gammelt das frühere Fröbel-Gymnasium vor sich hin – das soll sich ändern
Bad Blankenburg. Auf dem Feld hinter dem Eichwald, wo der Schornstein der Müllverbrennungsanlage Schwarza wie ein drohender Zeigefinger hinterm Horizont hervorlugt, blüht Anfang November noch der rote Mohn. Kinderstimmen dringen vom früheren Schulhof des ehemaligen Friedrich-Fröbel-Gymnasiums herüber. Eine Gruppe des gleichnamigen AWO-Kindergartens hat hier ihr Übergangsquartier. Unter den Schuhsohlen knacken die gelben Früchte, die dem Wäldchen seinen Namen gegeben haben. Nur vereinzelt schweben Blätter herab. Ein Herbsttraum in gelb.
„Es fehlt der Frost“, sagt Wilfried Linse mit Blick auf das Laub, das wie faule Äpfel an den Bäumen hängt. 60 Mal hat er hier am Rande der Siedlung die Jahreszeiten kommen und gehen sehen. „Meine Eltern sind hier 1958 eingezogen. Erstbezug“, sagt Linse. Er übernahm die Wohnung Am Eichwald 19 zwei Jahre vor der Wende.
Eine Hausnummer weiter, Am Eichwald 20, steht das gewaltige Schulgebäude, das den 65-Jährigen fast sein gesamtes Leben lang begleitet hat. „Ich bin hier zehn Jahre zur POS gegangen“, sagt Linse und zählt seine Lieblingslehrer auf: „Franz Hanl in Physik und Manfred Heimler in Biologie“. Sofort sind die Erinnerungen wieder da. Dort unten, der Werkraum, wo er Schiffsmodelle gebaut hat.Da drüben, die Treppe, wo sie später immer die Fotos der Klassentreffen gemacht haben. Da oben, der Zeichensaal, wo die Lehrerin im Minirock auf den Stufen eines Podests saß. Einmal habe er zu lange hingeguckt: Das gab Ärger.
Als Kind sei es immer sein Traum gewesen, den Turm zu besteigen, in dem die Schuluhr die Stunde schlug. Erst als Erwachsener, bei einem Tag der offenen Tür, habe er sich diesen Traum erfüllt. Beim Abschiedsschulfest mit 500 Gästen am 28. Juni 2014 war Wilfried Linse natürlich dabei. Seitdem hofft er, dass wieder Leben einzieht. „Die Bäume wachsen schon auf dem Weg und die Fassade müsste auch dringend saniert werden“, sagt Linse.
Gut möglich, dass sich auch dieser Wunsch demnächst erfüllt. Der Landkreis als Eigentümer der Ex-Schule hat die Liegenschaft ausgeschrieben und wollte sie gern noch in diesem Jahr veräußern. Das einzige Angebot kam von der AWO Saalfeld-Rudolstadt, die in der Wüste Köditz bereits ein ähnliches Projekt realisiert hat, wo aus einer ehemaligen Berufsschule eine moderne Wohnanlage entstand. „Der Landkreis ist auf uns zugekommen und hat gefragt, ob wir so etwas nicht auch mit dem Fröbel-Gymnasium machen können“, sagt dazu AWOGeschäftsführer Andreas Krauße auf Anfrage. Denkbar sei betreutes Wohnen in Kombination mit Senioren-Wohngemeinschaften. Eine Studie soll Aufschluss geben, „ob das Objekt mit vertretbarem Aufwand zu sanieren ist“, so der Saalfelder. Unterschrieben sei noch nichts.
Vor die Unterschrift haben die Götter nämlich das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie gesetzt. Die Behörde teilte Ende August mit, dass die Schule nunmehr ins Denkmalbuch eingetragen werde. Leichter hat das ein Bauvorhaben noch nie gemacht.