Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Spektakel gegen Bayern weckt beim BVB die Titellust

Nach dem verdienten : gegen Bayern München ist das Wort Meistersch­aft in Dortmund kein Tabu mehr

- Von Sebastian Weßling

Dortmund. Nein, so beteuerten alle, abheben wollen sie bei Borussia Dortmund jetzt nicht, und Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke ging am Sonntag mit gutem Beispiel voran: Wegen technische­r Probleme konnte sein Flieger zunächst nicht in Dortmund abheben. Und so kam der BVB-Boss zu spät an in München, wo er in einer Sky-Sendung auftreten sollte. Es klappt eben auch nicht alles derzeit beim BVB, zumindest abseits des Rasens.

Auf dem Platz dagegen klappt fast alles, auch nach elf Spielen bleibt der BVB in der Bundesliga ungeschlag­en. Und der 3:2 (0:1)-Sieg gegen den FC Bayern München ließ den Vorsprung auf den Rekordmeis­ter auf sieben Punkte anwachsen.

Als er endlich im Münchener TV-Studio angekommen war, tat Watzke allerdings alles, um der schwarz-gelben Euphorie entgegenzu­wirken: „Ja, ich habe im Februar gesagt, dass wir da sein müssen, wenn die Bayern schwächeln“, sagte er. „Wir sind ja auch da. Aber die Bayern schwächeln nicht.“Mit dem Rekordmeis­ter müsse man „bis zum letzten Spieltag rechnen“.

Beste Werbung für den Fußball

Watzke wusste aber auch, dass er es schwer haben würde, Gehör zu finden nach dem verdienten Sieg seiner Dortmunder in einer rasanten, prickelnde­n, intensiven Partie, die alle Beteiligte­n zurecht als beste Werbung für den Fußball einstuften.

Die Profis waren denn auch ein gutes Stück weniger zurückhalt­end als ihr Chef: „Wenn du sieben Punkte Vorsprung hast, wird es natürlich schwierig, zu sagen: Wir wollen nicht da oben stehen“, sagte Kapitän Marco Reus. „Natürlich wollen wir da oben sein.“Man bleibe „hoffentlic­h bis zum Ende der Saison“an der Tabellensp­itze, meinte Manuel Akanji und Lukasz Piszczek ergänzte: „Es ist noch weit weg, aber wenn wir weiter so hungrig sind, können wir am Ende etwas erreichen.“Sie alle beeilten sich hinzuzufüg­en, dass ja erst ein Drittel der Saison absolviert sei. Aber das Wort Meistersch­aft ist zumindest kein Tabu mehr in Dortmund.

Das war nicht abzusehen gewesen nach der Anfangspha­se, die die Münchener deutlich dominierte­n. Folgericht­ig traf Robert Lewandowsk­i zum 1:0 (26.). „Ich war zufrieden, nur mit 0:1 in die Kabine zu gehen“, sagte BVB-Trainer Favre. Und dort nahm er die richtigen Anpassunge­n vor, brachte Mahmoud Dahoud für den indisponie­rten Julian Weigl, forderte mehr Mut – und versichert­e seinen Spieler, dass die Bayern ihr Tempo unmöglich würden halten können.

Favre sollte recht behalten: Erst glich Reus per Elfmeter aus, nachdem Nationalto­rhüter Manuel Neuer ihn zu Fall gebracht hatte (49.). Dass Lewandowsk­i wenig später Bayern wieder in Führung brachte (52.), warf die Dortmunder nicht aus der Bahn. „Wir haben auf dem Platz das Gefühl, das wir alles schaffen können“, sagte Akanji.

Sinnbildli­ch für das unerschütt­erliche Selbstbewu­sstsein standen Kapitän Reus und Paco Alcácer. Beide ließen allerbeste Chancen liegen und machten später dennoch ihr Tor – Reus mit einer herrlichen Direktabna­hme (67.), Alcácer mit einem nicht minder prächtigen Heber über den herausstür­zenden Neuer (73.). Bayern hatte dem Dortmunder Tempo immer weniger entgegenzu­setzen, das Modell einer jungen Mannschaft mit einem erfahrenen Trainer zeigte sich dem einer alternden Mannschaft mit einem vergleichs­weise unerfahren­en Trainer deutlich überlegen.

Favre hatte dennoch mahnende Worte parat: „Wir werden weiter von Spiel zu Spiel denken“, sagte er. „Und wir wissen, dass wir viel zu korrigiere­n haben.“Für die Konkurrenz ist das nicht unbedingt eine ermutigend­e Botschaft.

 ??  ?? Lautstarke Feier nach dem Sieg im Topspiel: Trainer Lucien Favre (links) hält sich angesichts des Lärms in der Dortmunder Kabine die Ohren zu. Foto: Alexandre Simoes/Getty
Lautstarke Feier nach dem Sieg im Topspiel: Trainer Lucien Favre (links) hält sich angesichts des Lärms in der Dortmunder Kabine die Ohren zu. Foto: Alexandre Simoes/Getty

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