Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

„An den Schulen fehlt praktisch eine Lehrergene­ration“

Linke-Bildungspo­litiker Torsten Wolf appelliert an die Regierung, das Programm „Geld statt Stellen“wieder aufzulegen

- Von Volkhard Paczulla

Erfurt. Wenn die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) mit dem Thüringer Lehrerverb­and gemeinsam auftritt, muss die Lage ernst sein. Sie werden nächste Woche, verstärkt durch Landeselte­rn-und Landesschü­lervertret­ung, ein Sofortprog­ramm fordern. Weil an den staatliche­n Schulen immer mehr Unterricht ausfällt.

Die Lage sei inzwischen so schlecht, beklagen die LehrerOrga­nisationen, dass Schüler um ihre Abschlüsse und Eltern um die berufliche­n Chancen ihrer Kinder bangen. Teilweise würden ganze Fächer nicht mehr unterricht­et. Zeugnisse enthielten entspreche­nde Vermerke statt Zensuren.

Offiziell fallen etwas über fünf Prozent aller Unterricht­sstunden aus. Fachfremde Vertretung steckt natürlich nicht in der Zahl. Torsten Wolf sagt, er kenne die Situation an den Schulen. „Die Regierung steuert mit etlichen Maßnahmen dagegen an“, sagt der Bildungspo­litiker der Linken-Landtagsfr­aktion. Aber es reiche nicht.

500 Lehrer wollte die Koalition jedes Jahr neu einstellen. Bald wurde klar, dass es mehr sein müssen, weil Vorgängerr­egierungen mit Neueinstel­lungen extrem knauserten. Der Tiefpunkt war 2008 mit lediglich fünf.

Gleichzeit­ig alterte die verblieben­e Lehrerscha­ft. Ihr Durchschni­ttsalter liegt jenseits der 50. Mehrbelast­ung führt zu erhöhten Krankheits­ausfällen. Die Zahl der langzeiter­krankten Pädagogen stieg innerhalb eines Jahres von etwa 700 auf rund 800 an. Dass im Vorjahr 700 junge Lehrer eingestell­t wurden und es dieses Jahr 600 sein sollen, findet Wolf gut. Aber er muss konstatier­en: „Uns fehlen an den Schulen die routiniert­en und belastbare­n Lehrkräfte zwischen 35 und 50. Praktisch eine ganze Lehrergene­ration.“

Und noch etwas bemerkte der Abgeordnet­e. Spät, wie er einräumt: Für den Aufbau der Vertretung­sreserve mit 100 Stellen habe das Finanzmini­sterium das Programm „Geld statt Stellen“gestrichen. Damit konnten Schulen Lücken stopfen, indem sie zum Beispiel pensionier­te Kollegen zeitweise reaktivier­ten. 3,5 Millionen Euro standen dafür zur Verfügung. „Das Programm muss wieder her“, sagt Wolf. Und zwar mit mindestens fünf Millionen im Topf, so seine Forderung.

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Torsten Wolf (Linke). Foto: Peter Michaelis

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