Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Keramik statt Titan im Kiefer
Zahnimplantate können mit Hilfe der Forscher vom Hermsdorfer Fraunhofer-Institut verträglicher gestaltet werden
Hermsdorf. Das FraunhoferInstitut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) ist dabei, ein Innovationszentrum für Biomaterial auf die Beine zustellen. Zusammen mit dem Institut für Materialwissenschaft in Jena, Kliniken des Universitätsklinikums in Jena – etwa Orthopädie, Zahnmedizin und Radiologie – und dem Forschungsunternehmen Innovent soll regionale Forschung gebündelt werden, sagte Institutsleiter Ingolf Voigt im Gespräch mit unserer Zeitung. Dabei geht es zum Beispiel um Zahnimplantate und Kronen, die aus Keramik hergestellt werden. Gerade hat das IKTS neue Errungenschaften auf der Internationalen Dental-Schau (IDS) in Köln gezeigt. Dort sucht man für die neuesten Entwicklungen Partner in der Industrie, die die Technologien verwerten können. Dort hatten die Mitarbeiter zum Beispiel Lithiumsilikat dabei, das „zum Verblenden“von keramischem Zahnersatz genutzt wird. „Das soll sich farblich möglichst nicht von den anderen Zähnen unterscheiden“, erklärt Abteilungsleiterin Sabine Begand.
Das Material verbinde sich durch chemische Wechselwirkung bestens mit Zahnersatz aus Keramik, der immer stärker in Mode kommt. Mit der Beschichtung wirkt der neue Zahn beinahe wie poliert. Einen Keramikzahn hingegen wirklich zu polieren, sei wegen der großen Härte des Materials schwierig. „Es müssen viele Fissuren abgebildet werden“, erläutert die Forscherin. Damit meint sie die feinen Strukturen, die auf echten Zähnen zu finden sind und die auf dem Ersatz ebenfalls abgebildet werden.
Die Hermsdorfer haben nach Köln allerdings auch eine weitere Neuerung mitgenommen. Martina Johannes hält ein Beispiel in die Höhe. Das Stück sieht aus wie ein kleiner weißer Fingerhut. Es ist ein dreifach vergrößertes Modell für ein Zahnimplantat. Ist ein Zahn vom Zahnarzt vollständig gezogen worden, braucht es dafür Ersatz. „Derzeit wird für die Basis viel mit Titan gearbeitet.“Das wird wie eine Schraube in den Kiefer gedreht.
Mit Hilfe der neuen Technik, die die IKTS-Forscher mitentwickelt haben, können die Implantate auf Basis von MRT-Daten passgenau gegossen und in die Lücke im Kiefer eingesetzt werden. Wie das Material sich im Kiefer verhält, sei bisher noch kaum untersucht, klinische Studien verliefen jedoch vielversprechend. Natürlich sei das für den Kieferchirurgen aufwendiger, doch die Keramik aus Zirkonoxid erweise sich als biokompatibel. Allergische Reaktionen blieben aus, das Zahnfleisch entwickle sich deutlich besser als rund um ein MetallImplantat. „Deshalb wird der Ruf nach Keramik lauter“, so Johannes. Spalten zwischen Kiefer und Implantat sollen nicht mehr vorkommen. „Damit können sich auch keine Bakterien mehr ansiedeln.“Die seien die Hauptursache für Probleme, die anschließend auftreten könnten. Frakturen der Keramik selbst seien hingegen nicht bekannt.