Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Tiefer Blick in die menschlichen Abgründe
Rudolstädter Archivar und Autor Frank Esche präsentiert sein Buch „Thüringer Mord-Pitaval“auf der Buchmesse
Rudolstadt. Es war der 27. Mai 1767. Am frühen Nachmittag fand die letzte öffentliche Hinrichtung in Rudolstadt statt. Unter den Augen des damaligen schwarzburg-rudolstädtischen Prinzen Ludwig Günther und dessen Sohn Friedrich Karl wurde verurteilte Mörder, der Zimmergeselle Johann Georg Ziermann aus Großgeschwenda, unter dem Jubel der Rudolstädter und vieler auswärtiger Zuschauer vom Leben in den Tod befördert. Er hatte in der Nacht vom 23. zum 24. Oktober 1766 mit einer Axt die 69-jährige Elisabeth Magdalena Böttner und ihre 15-jährige Enkeltochter Elisabeth Martha Bogner umgebracht. So steht es in den Akten des Thüringischen Staatsarchives.
Das ganze Geschehen rund um die Schönfärbermorde in Rudolstadt von 1766 und 1780 kann man in Frank Esches Buch „Thüringer Mord-Pitaval“, erschienen vor knapp einem Jahr im Verlag Kirchschlager, nachlesen. Es ist eines von insgesamt 15 Schwerstverbrechen aus verschiedenen Teilen Thüringens, darunter sechs aus dem heutigen Kreisgebiet Saalfeld-Rudolstadt, die in diesem Buch vorgestellt werden. Andere beschreiben, wie im Blutrausch 1805 von zwei Deesbacher Mördern das Leben einer dreiköpfigen Familie ausgelöscht wurde oder wie Johann Christian Mackedanz bei Saalfeld 1831 äußerst brutal einen Zöllner mit einem Stock erschlagen hat. Mordmotive waren auch damals Habgier, sexuelle Lust, Rache oder das Ziel, eine missliebige Person aus dem Leben zu räumen. Zwei der im Buch dargestellten Fälle entwickelten sich zu bedeutenden Indizienprozessen in der Zeit der Weimarer Republik.
Das Interesse an den tiefen Einblicken in die Abgründe des menschlichen Daseins ist groß. Die erste Auflage des Buches ist bereits vergriffen, vor wenigen Tagen ist eine zweite erschienen. „Pitaval“beschreibt im Übrigen eine Sammlung von historischen Strafrechtsfällen. Der Name leitet sich ab von dem französischen Juristen und Autor François Gayot de Pitaval (1673 - 1743), der zwischen 1734 und 1743 eine zwanzigbändige Sammlung von Fällen zusammenstellte.
Heute wird Frank Esche am Stand des Verlages auf der Leipziger Buchmesse sein Werk präsentieren und Lesern Rede und Antwort stehen. „Alles, was in dem Buch steht, beruht auf Tatsachen. Es ist nichts erfunden“, sagt der Autor. Er hat sich für dieses Buch in seiner Freizeit durch Berge von Akten in den Archiven gekämpft. Akten, die teilweise „dermaßen unsortiert und chaotisch waren“, wie er sagt. Und die für viele heutzutage kaum noch lesbar sind. Als Archivar verfügt Frank Esche über eine Ausbildung in Paläografie, zu deutsch der Lehre der alten Schriften. Das kam ihm zugute.
„Es sind oft sehr tragische Schicksale, vor allem bei den Frauen, die zu Mörderinnen wurden. Sie haben oft aus purer Not gehandelt“, beschreibt der 63-Jährige das, was er bei seinen Recherchen herausgefunden hat.
Warum er sich mit solchen Grausamkeiten befasst? „Weil es spannend ist und weil mich Geschichte interessiert“, sagt er. „Und weil man sieht, wozu Menschen fähig sind. Die Fälle zeigen auch die sozialen Probleme dieser Zeit und beschreiben die Lebensumständen der Menschen“.
Diese können sehr grausam werden. So sehr, dass sich der Autor zuweilen die Frage gestellt hat, ob er das, was in den Akten stand, seinen Lesern auch zumuten kann. „Der Fall des Doppelmordes an dem Gräfenthaler Uhrmacherehepaar ist so brutal, da habe ich tatsächlich überlegt, ob ich das so veröffentlichen kann. Aber andererseits sind es Fakten. Es ist so gewesen und das Buch ist so gesehen auch ein Stück Geschichtsaufarbeitung. Und ja, die Realität war nun mal so grausam“, erklärt er.
Als Mitarbeiter des Thüringischen Staatsarchives auf der Heidecksburg sitzt Frank Esche quasi an der Quelle. „Ich berate oft Nutzer und beantworte ihre Anfragen. Da stößt man auf interessante Fakten. Und wenn mir etwas auffällt, merke ich das an“, beschreibt er seine Arbeitsweise. Geschrieben wird nach Feierabend und am Wochenende zu Hause. Mit seinem Buch bietet Frank Esche auch einen Einblick in die Justizgeschichte vergangener Jahrhunderte und in Geschichte der Rechtssprechung. „Die Diskussion über Ja oder Nein zur Todesstrafe gibt es schon im 18. Jahrhundert“, sagt er. Interessant ist auch, wie sich die Forensik entwickelt hat, also die technischen Arbeitsgebiete, in denen kriminelle Handlungen systematisch untersucht werden. Nicht zuletzt, so steht es auch im Vorwort des Buches, „verdeutlichen die dargestellten Kriminalfälle auch die schwierigen Herausforderungen, vor denen die Kriminalbeamten, Staatsanwälte, Richter, Geschworenen, Justizbeamten und Rechtsanwälte bei der Auffindung der Straftaten, der Rechtsfindung und Rechtssprechung standen. Privat ist Frank Esche im Übrigen kein großer Krimifan. „Die Leute sollen jetzt nicht denken, dass ich Gefallen an den Grausamkeiten finde“, ergänzt er noch lachend. „Aber es sind alles spannende Fälle. Für jemanden, der sich für Geschichte interessiert, sind die Akten eine Fundgrube“. Wer mit Band eins noch nicht genug hat vom mörderischen Thüringen, der kann sich jetzt schon auf Band zwei freuen, der voraussichtlich im Juni erscheint. Auch dann gibt es mit dem Zuckerstrickfall in Langenschade, dem Schwarzaer Eifersuchtsmord von 1921 und dem Saalfelder Bügeleiseneifersuchtsmord (1938) wieder jede Menge Regionales.
15 Schwerstverbrechen werden beschrieben
einer Gaststätte. Gestern wurde nach einem Platten am Reifen erneut sehr schnell geholfen. Zuvor hatte die Maschine einen kostenlosen Öl-Wechsel in einer anderen Werkstatt bekommen.
Als Zeymer schließlich die Atlantik-Küste erreichte, machte er Bekanntschaft mit einem Einheimischen, einem MotorradFreak und BMW-Fan, der ihn sofort den Weg zu einem wunderbaren Zeltplatz wies – einem Zeltplatz mit unbeschreiblichem Meeres-Blick. Weiter soll die Fahrt nun über Frankreich heimwärts gehen. ( brit)