Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Die Frau mit dem neuen Ultraleichthubschrauber
E-R-P Anja Ernst aus dem Eichsfeld bewirbt sich mit einer fliegenden Neuentwicklung
Geisleden. „Es ist was komplett Neues“, sagt Anja Ernst voller Stolz – und ergänzt seufzend: „Hätten wir geahnt, wie viel Geld, Zeit und Nerven das gekostet hat, dann hätten wir das nie angefangen.“Die als Augenoptikerin und technische Zeichnerin ausgebildete Unternehmerin gründete 2011 die EDM Aerotec GmbH. Ihr neues Produkt ist ein Ultraleichthubschrauber, Modell CoAX 2D.
Mit einem Leergewicht von 280 Kilogramm ist er ungefähr so schwer wie ein kleines Reitpferd. „Ein Sport-, aber auch ein Arbeitsgerät, zum Beispiel für die Verkehrs- und Waldbeobachtung oder für die Schädlingsbekämpfung.“Dass ihr „Baby“ fliegen kann, das wissen sie und ihr 30-köpfiges Team schon seit dem Jahr 2012, als der erste Prototyp in die Luft ging. „Mittlerweile haben wir schon einen nach Taiwan geliefert, drei weitere sind bestellt, von Kunden in Taiwan und am Bodensee.“
In Deutschland fliegen zu dürfen – das war ein schwieriger Prozess, wie die 40-Jährige erläutert: „Für diese Hubschrauberklasse musste auch auf Behördenseite alles neu erfunden werden, von Typen-Zulassung bis Fluglizenz. Der Bundesrat hat im November 2016 das notwendige Gesetz dazu verabschiedet. In diesen Wochen soll die Musterzulassung vom Dulv – dem Deutschen Ultraleichtflugverband – kommen.“
Auf technischer Seite waren die größten Herausforderungen die Entwicklung einer besonders leichten und zugleich stabilen Konstruktion. Bei der Entwicklung der Rotorblätter aus Kohlefaser waren auch Forscher der FH München beteiligt. Die EDM Aerotec arbeitet mit bekannten Institutionen wie dem DLR in Braunschweig und Göttingen sowie verschiedenen Universitäten an einer ständigen Weiterentwicklung. Diese Arbeiten, der Aufbau internationaler Kontakte und das Durchhalten über die schwierigen Entwicklungsjahre hinweg waren auch deshalb möglich, weil die Familie mitzieht: Vater Engelbert Dreiling und Bruder Sven mit der Dreiling Maschinenbau GmbH arbeiten gleich nebenan und sind zugleich Entwickler und Zulieferer für das Herzstück des Hubschraubers: den Rotormast mit Getriebe.
Der Hubschrauber aus Thüringen fliegt wesentlich leichter und sparsamer als die Konkurrenz. „Was hier entstanden ist, das haben wir alle über Jahre als Team erreicht. Viele haben wir selbst ausgebildet: Die Carbonteile fertigen zum Beispiel Frauen, die vorher in der Textilindustrie waren. Jetzt wollen wir auch gemeinsam die Früchte ernten.“Am liebsten im Flug. Doch selbst Anja Ernst muss erst mal eine Fluglizenz für ihren „Heli“erwerben. Für Neueinsteiger steht dafür auch ein Flugsimulator zur Verfügung – entwickelt und gebaut von der Firma in Geisleden.