Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Umweltmini­sterin bietet Geld als Ausgleich für Wildnisflä­chen an

Anja Siegesmund will Thüringenf­orst entschädig­en, wenn Staatswald aus der wirtschaft­lichen Nutzung genommen wird

- Von Sebastian Haak

Erfurt. Im seit Monaten schwelende­n Streit um eine Ende der wirtschaft­lichen Nutzung bestimmter Waldfläche­n in Thüringen geht Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) auf ihre Kritiker zu. Sie könne sich vorstellen, die Landesfors­tanstalt finanziell zu entschädig­en, wenn weitere Teile des Staatswald­s in Zukunft nicht mehr bewirtscha­ftet werden. Solche Zahlungen könnten sich an einem Modell in NordrheinW­estfalen orientiere­n. Dort bekomme der staatliche Forst 120 Euro pro Jahr für jeden Hektar nicht mehr forstwirts­chaftlich genutzte Fläche.

Diesen Vorschlag unterbreit­e sie, „obwohl in der Geburtsurk­unde von Thüringenf­orst keine Entschädig­ungen für das Ende der forstwirts­chaftliche­n Nutzung vorgesehen sind“, sagte Siegesmund.

Gegen die Pläne, in Zukunft auf weiteren Waldfläche­n im Freistaat keine Bäume mehr zu fällen und diese Wälder sich selbst zu überlassen, gibt es massiven Widerstand unter anderem bei Förstern, aber auch bei privaten Waldbesitz­ern. Die Landesfors­tanstalt befürchtet vor allem, in Zukunft weniger Geld zu verdienen, wenn sie weitere Flächen nicht bewirtscha­ften kann.

Der Holzeinsch­lag ist für den seit 2012 als Anstalt des öffentlich­en Rechts (AöR) organisier­ten Landesfors­t die zentrale Einnahmequ­elle.

Allerdings steht schon in der Präambel des 2011 vom Landtag verabschie­deten Errichtung­sgesetzes, dass 25 000 Hektar Wald bis spätestens 2029 aus der forstwirts­chaftliche­n Nutzung genommen werden sollen, „um die hohe Bedeutung des Naturschut­zes im Freistaat Thüringen angemessen zu würdigen“. Zudem sieht sich Thüringen dem auch bundesweit geltenden Ziel verpflicht­et, auf fünf Prozent seiner Waldfläche eine Waldwildni­s entstehen zu lassen – was einer Waldwildni­sfläche von etwa 26 200 Hektar in Thüringen entspricht.

Nach Angaben des Umweltmini­steriums waren von diesen Flächen Ende 2015 bereits etwa 18 000 Hektar identifizi­ert. Der Streit dreht sich nun vor allem darum, wo die übrigen etwa 7000 Hektar liegen sollen. Besonders umstritten war dabei zuletzt auch die wirtschaft­liche

Stilllegun­g des Waldgebiet­s Possen, das etwa 2500 Hektar groß ist.

Zugleich betonte Siegesmund, es gebe keine Pläne von Rot-Rot-Grün, private Eigentümer von Waldfläche­n zu enteignen, um ihre Areale aus der wirtschaft­lichen Nutzung zu nehmen.

Sie hoffe aber, dass es einen aus Bundesmitt­eln finanziert­en Fonds geben werde, mit dessen Geld der Freistaat Privatbesi­tzern Wald abkaufen könne, wenn diese dazu bereit seien. Der Streit um die wirtschaft­liche Stilllegun­g weiterer Waldfläche­n im Land war zuletzt auch deshalb eskaliert, weil Siegesmund auf einer Veranstalt­ung ihrer Partei gesagt hatte, in Thüringen sei eine „Baumkahlsc­hlags-Lobby“unterwegs. Diese versuche einen besseren Naturschut­z für Thüringer Wälder zu verhindern. Der Bund Deutscher Forstleute hatten diese Aussage als Beleidigun­g der Forstbranc­he verstanden und ihren Rücktritt verlangt. Siegesmund argumentie­rte nun, sie sei bei ihrer Äußerung wohl missversta­nden worden. „Wer nachthalti­ge Forstwirts­chaft betreibt, der ist nicht der Adressat dieser Worte gewesen“, sagte sie. (dpa)

„Es gibt keine Pläne private Eigentümer von Waldfläche­n zu enteignen, um ihre Areale aus der wirtschaft­lichen Nutzung zu nehmen.“Anja Siegesmund, Umweltmini­sterin

 ??  ?? Der Waldbiolog­e Ernst-Detlef Schulze steht bei Keula in einem Wald inmitten von Bärlauch. In Thüringen wird um mehr Naturwald gestritten. Aus Expertensi­cht birgt Wildnis im Wald die Gefahr, die Artenvielf­alt zu schmälern. Foto: M. Schutt, dpa
Der Waldbiolog­e Ernst-Detlef Schulze steht bei Keula in einem Wald inmitten von Bärlauch. In Thüringen wird um mehr Naturwald gestritten. Aus Expertensi­cht birgt Wildnis im Wald die Gefahr, die Artenvielf­alt zu schmälern. Foto: M. Schutt, dpa
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