Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Die besten Ranzen zieht man hinter sich her
Eltern von Schulanfängern sind derzeit auf Ranzensuche. Experte vom Eisenberger Krankenhaus gibt Tipps
Herr Strube, vor allem Großeltern beklagen heute oft, dass die Ranzen für die zarten Rücken der Grundschüler viel zu schwer sind. Haben sie recht? Ja und nein. Ja, weil tatsächlich die Menge der Bücher immer mehr wird.Die Zahl der Fächer ist gewachsen, das Wissen hat zugenommen, und auch die Bücher sind immer dicker geworden. Tatsache ist, die Kinder von heute haben mehr im Ranzen als die Schüler vor zwanzig, dreißig Jahren. Dazu kommt, dass die Kinder körperlich nicht mehr so fit sind. Denken wir nur an die Smartphone-Krankheit. Damit ist der Körper weniger belastbar und macht natürlich eher Probleme.
Sie sagen, die Großeltern haben recht und unrecht? Was spricht gegen die These vom zu schweren Ranzen. Es konnte bisher keine Studie nachweisen, dass das Tragen von schweren Ranzen zu einem bleibenden Schaden bei Kindern geführt hat. Es ist also nicht so, dass wir deshalb vermehrt Wirbelsäulenverkrümmungen oder irgendwelche Verwachsungen feststellen. Dennoch würde ich als Mediziner immer zu leichten Ranzen raten. Auch die Lehrer sollten hier ihrerseits das Nötige dazu beitragen.
Inwiefern? Es wäre wünschenswert, wenn Lehrer mehr darauf achteten, regelmäßig anzusagen, welche Bücher die Schüler tatsächlich im Unterricht benötigen. Außerdem gibt es immer die Option von zweiten Büchersätzen und Schließfächern in der Schule. Und auch Eltern sollten mit den Kindern gemeinsam schauen, dass in den Ranzen nur das Sinnvolle steckt. Vielleicht wird sich ja das Thema irgendwann erübrigen, wenn Schüler nur noch mit Tablets in die Schule gehen.
Welche Beschwerden können schwere Ranzen im schlimmsten Fall verursachen? Chronische Rückenschmerzen, die also nicht mehr durch Physiotherapie behoben werden können.
Was halten Sie von Trolleyranzen – die Ranzen zum Hinterherziehen? Die sind perfekt. Schade, dass das nicht Standard ist. Ihr Vorteil: Das Gewicht lastet hier auf den Rollen. Man hat nur die Zugbelastung. Und die kann man wechseln, mal mit links, mal mit rechts ziehen. Dadurch wird das Achsenskelett des Kindes wesentlich weniger be- beziehungsweise überlastet. Nicht umsonst tragen Omas keine Rucksäcke, sondern ziehen Trolleys hinter sich her.
Ein Ranzen ist schon eine kleine Investition. Mit rund 200 Euro ist man schnell dabei, wenn es ein Markenprodukt inklusive Federmappe und Sporttasche sein soll. Würde auch ein No-Name-Produkt ausreichen? Beim Ranzenkauf spielen viele Faktoren eine Rolle. Neben dem Anatomischen wird man auch auf Praktikabilität achten, auf die Schadstoffbelastung und verkehrssichere Warnflächen. Ich würde auf jeden Fall dazu raten, Berichte von Stiftung Warentest oder Ökotest nachzulesen. Hinsichtlich des Tragekomforts muss man allerdings schon sagen, dass die teureren Modelle ergonomische Ansprüche besser berücksichtigen.
Noch haben sich Trolleys nicht richtig durchgesetzt. Was empfehlen Sie Eltern von Schulanfängern, die sich zwischen klassischem Ranzen und Rucksack entscheiden wollen? Das kommt aufs Modell an. Man sollte unter anderem auf die Gurtbreite achten, auf mögliche Quergurte und auf eine breite Auflagefläche am Rücken.