Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Ungewollte Symbolkraft
Zum Beitrag „Lesesteinhaufen in Plothen neu aufgebaut“(OTZ vom 24. Mai):
Lesesteinhaufen sind das Ergebnis menschlicher Tätigkeit. In kurzen Abständen kommen Steine durch Ablesen auf den Feldern dazu. Solche Lesesteinhaufen bieten Lebensräume für Eidechsen und Co.
In der Natur sind solche Steinhaufen äußerst selten. Durch Bewirtschaftung der Feldflur sind solche ökologischen Nischen geschaffen worden, wurde die Artenvielfalt erhöht. Nun macht aber die Natur bei Unterbleiben der Steinlese etwas anderes daraus: Moose und Flechten überziehen die Steine, Laub fällt auf die Steine, Pflanzen besiedeln so einen Haufen, Humus reichert sich an und die Steine liefern die mineralischen Nährstoffe. Der Lebensraum verändert sich, es entsteht eine kleine Wildnis. Der dynamische Entwicklungsprozess geht in diese Richtung.
Dieser natürliche Vorgang ist Naturschützern und Wildnisexperten, die Natur einfach Natur sein lassen wollen, nun auch wieder nicht recht. Diese „Verwilderung“muss also unterbunden werden. Die Steine werden von den Naturprodukten befreit. Die Ranger sind zufrieden mit ihrer Reinigungsaktion in Plothen.
Zeigt sich an diesem kleinen Beispiel nicht die Widersprüchlichkeit unseres menschlichen Verhaltens? Einerseits schafft menschliche Tätigkeit Grundlagen für Artenvielfalt durch verschiedene, nicht natürliche Lebensräume und andererseits werden Zielprozentzahlen politisch für Flächen festgelegt, auf denen Wildnis entstehen soll. Was dabei herauskommt, scheint nicht sicher. Sicher ist auch keine historische Artenzusammensetzung, dazu hat es zu viele Veränderungen gegeben.
Sicher ist nur, dass einige Arten weniger werden beziehungsweise sogar verschwinden und andere Arten, die bisher selten vertreten sind, eine neue Chance bekommen, ohne häufig zu werden. Grund für rechthaberischen Streit wie beispielsweise bei geforderter Waldwildnis? Georg-Ernst Weber, Schleiz Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, Texte zu kürzen. Leserbriefe per E-Mail senden Sie bitte an schleiz@otz.de