Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Trump und der neue Westen

- Von Michael Backfisch

Manch einer mag bis vor Kurzem noch geglaubt haben, dass der US-Präsident nach einer wilden Anfangspha­se zur Vernunft kommt. Dieser Rest-Optimismus ist spätestens seit dem G7Gipfel in Taormina verpufft. Trump ist und bleibt Trump. Bei ihm zählt nur, was den USA nützt.

Damit einher geht die schmerzhaf­te Erkenntnis: Die Wertegemei­nschaft des Westens mit der Schutzmach­t Amerika hat sich erledigt. Heute stehen Rechtsstaa­tlichkeit und Freihandel nicht mehr hoch im Kurs. Stattdesse­n breitet sich der Geist des Autokratis­mus immer weiter aus.

Wenn der alte Westen passé ist, wird es Zeit für einen neuen Westen. Das kann nur Kerneuropa sein. Die Gründungss­taaten der EU – Deutschlan­d, Frankreich, Italien, Benelux – müssen der Gemeinscha­ft neuen Schwung verleihen. Berlin und Paris kommen dabei besondere Verantwort­ung zu. Europa muss sich neu definieren. Die Leitplanke­n sind Wirtschaft­swachstum, Innovation, soziale Balance und kulturelle Vielfalt. Wenn die Größe des bisherigen Clubs aus 28 Staaten zu Lähmungser­scheinunge­n geführt hat, stellt sich die Frage: Warum nicht eine EU-Champions-League aus den Ländern Kerneuropa­s schaffen? Der Rest bestünde dann, um im fußballeri­schen Bild zu bleiben, aus der EuropaLeag­ue. Eine kleinere Kern-Gemeinscha­ft wäre jedenfalls wirtschaft­lich leistungsf­ähiger und würde rechtsstaa­tliche Maßstäbe setzen. Die anderen EU-Mitglieder hätten aber jederzeit die Wahl, mitzumache­n.

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