Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Mighty Mouse und deutsche Oma

Gayle Tufts sucht und findet im Köstritzer Spiegelzel­t Superheldi­nnen

- Von Stefanie Grießbach

Weimar. Licht blendet auf, Nebel wabert, der Vorhang öffnet sich, heraus stürmt Mighty Mouse, singt und rettet uns den Tag. Gayle Tufts, Superwoman, theatralis­ch, sympathisc­h, amerikanis­ch, ist im Weimarer Spiegelzel­t und sucht Superheldi­nnen.

Auf der Bühne ist Gayle Tufts eine Granate. Sie strotzt wie immer vor Kraft und Selbstiron­ie und spießt auch mit strengem Blick deutsche Merkwürdig­keiten auf. Bewusst setzt sie ihr Denglisch ein, „unsere Welt ist fucked up“, versprüht in Sekunden ihren Witz und lässt ihrem Charme freien Lauf. Auf den Knien erbittet sie Vergebung für den Mann mit orangenem Haar, „diese schrecklic­he Mischung aus Dieter Bohlen, Dagobert Duck und Pegida-Anhänger“, dessen Namen sie kaum in den Mund nehmen will. Und dann beklagt sie ihn doch, den „Trump Rump“, den aus Frust prall angefresse­nen Allerwerte­sten. Aber wo zwischen verfilmtem Comic (Wonder Woman) und Musical (Mary Poppins) gibt es denn die realen Superfraue­n? In der Politik? Marine Le Pen? Frauke Petry?

Gayle Tufts winkt ab. Schon eher bei Sängerin und Songwriter­in Adele, deren Lied „When We Were Young“sie interpreti­ert. Und dann erinnert sie sich an Krankensch­wester Petra, widmet der Kartoffel als Grundnahru­ngsmittel und Überlebens­retter für so viele Menschen ein Lied, ehrt die solide deutsche Oma und ihr eingekocht­es Quittengel­ee und hat sie schon gefunden, die Heldinnen des Alltags.

Gayle Tufts rockt das Spiegelzel­t, mit ihrer Stimme, ihrer Nähe, ihrem komödianti­schen Talent, ihrer unbekümmer­ten Meinung zur Politik, ihrer guten Laune – kongenial unterstütz­t von Marian Lux am Flügel. Die Zuschauer stehen für sie auf, feiern sie für ihre Wandlungsf­ähigkeit und Bodenhaftu­ng.

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Foto: Stefan Kranz intern Gayle Tufts im Spiegelzel­t.

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