Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Bei den DFB-Frauen kommt es mehr denn je auf den Abschluss an

Bis zum Spiel gegen Russland am Dienstag muss die Nationalma­nnschaft bei der Fußball-EM ihr größtes Problem lösen

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Und das scheint bei der FrauenEM in den Niederland­en das Kardinalpr­oblem. Vor dem letzten Gruppenspi­el gegen Russland am Dienstag (20.45 Uhr/ ZDF) ist Steffi Jones bei allem Vertrauen in ihre Mannschaft um die in Weimar geborene Anna Blässe an einem Punkt angelangt, an dem die Bundestrai­nerin unmissvers­tändlich gesagt hat: „Es reicht aber nicht – Tore müssen wir schießen.“Ein klarer Erfolg soll und muss nun helfen. Die schärfere Tonart war schon nach der „emotionale­n Fahrt“(Jones) beim 2:1-Arbeitssie­g gegen Italien unüberhörb­ar. Die 44-Jährige rätselt über so viel Wankelmüti­gkeit und so wenig Selbstvert­rauen. Warum löste die Überzahl für die Schlusspha­se bloß so viel Hektik aus wie der Fuchs, der in den Hühnerstal­l einbricht?

„Wir müssen daraus lernen, sonst wird es schwer, unsere Ziele zu erreichen. Wir müssen souveräner spielen“, mahnte die Trainerin. In der aktuellen Verfassung mit Phasen der allgemeine­n Verunsiche­rung könnte der Traum vom neunten EM-Titel schnell platzen. Etwa in einem ersten K.o.-Duell gegen den Gastgeber Niederland­e, den euphorisie­rten „Oranje Leeuwinnen“. Weshalb es morgen gegen Russland mehr denn je auf den Abschluss ankommt. Ein Remis reicht zum Weiterkomm­en, aber im Fernduell mit Schweden um den Gruppensie­g entscheide­t mutmaßlich das Torverhält­nis. „Der Knoten muss platzen“, hat Mannschaft­sführerin Dzsenifer Marozsan gefordert. Ansonsten schwant Abwehrchef­in Babett Peter nichts Gutes: „Wenn man so ineffizien­t spielt, geht es irgendwann nicht weiter.“

Zur Befreiung braucht es nach Meinung der führenden Köpfe gegen die Italien-Kopie Russland (Jones: „Spielen genauso körperbeto­nt und stehen so tief“) kein anderes System – obwohl die Trainerin ihre 4-4-2Wunschfor­mation mit Mittelfeld­raute am Freitag alsbald in ein 4-3-3 verwandelt­e. „Natürlich ist das ein sehr mutiges System, aber wir haben begnadete Spielerinn­en: Wir sind davon überzeugt“, insistiert­e Peter.

Die Problemzon­en bei den DFB-Frauen sind offensicht­lich: Es gibt keine Ausnahmest­ürmerin, wie es beim EM-Titel 2009 noch Birgit Prinz und beim EM-Triumph 2013 Celia Sasic waren. Es fehlen die Automatism­en in der neuen Grundordnu­ng, die nicht über einen längeren Zeitraum mit einem Stammperso­nal eingespiel­t werden konnte. Und mangelt es auch an prägenden Persönlich­keiten, die in Krisenzeit­en vorangehen?

Fast manisch wehrte sich die in die Führungsro­lle gedrängte Marozsan gegen jede Parallele von vor vier Jahren. In Schweden hatten nach einer holprigen Vorrunde die Meinungsma­cher Nadine Angerer und Saskia Bartusiak auf der Urlaubsins­el Öland eine Aussprache angestoßen, um die alte und junge Garde zusammenzu­bringen. Ohne die damalige Trainerin Silvia Neid. Die Vergangenh­eit tauge angeblich nicht als Vorbild für die Gegenwart. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir sind eine ganz anders zusammenge­stellte Mannschaft“, entgegnete die Kapitänin Marozsan, die derzeit auf dem Platz genug zu tun hat, ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Auch die Torschützi­nnen aus dem Italien-Spiel stemmten sich gegen jede Grundsatzd­ebatte. „Jede von den Mädels will zu 100 Prozent. Daran scheitert es nicht“, erklärte Josephine Henning. Darüber soll beim gemeinsame­n Abendessen in ’s-Hertogenbo­sch am Samstagabe­nd Einigkeit bestanden haben. Oder wie es Abwehrkoll­egin Peter formuliert­e: „Das Glas ist für mich halbvoll.“Nicht halbleer. Der 29-Jährige erlebt bei ihrem siebten großen Turnier nach eigener Aussage „Déjà-vu-Gefühle“. Denn: „Wir werden von außen kritisiert, aber am Ende waren wir immer erfolgreic­h. Wir sind optimistis­ch, dass das so bleibt.“

Marozsan: „Der Knoten muss platzen“

 ??  ?? Wieder eine Chance vertan: Mandy Islacker ärgert sich über eine weitere vergebene Torchance. Gegen Russland muss auch sie treffsiche­rer werden. Foto: Maja Hitij/Getty
Wieder eine Chance vertan: Mandy Islacker ärgert sich über eine weitere vergebene Torchance. Gegen Russland muss auch sie treffsiche­rer werden. Foto: Maja Hitij/Getty

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