Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Gegen den Bomber und den Papst

Er prägte den Fußball, der Fußball prägte ihn. Vom verpassten Traum des Organisati­onstalents Helmut Anders, der nun doch in Erfüllung geht

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Bad Lobenstein. Die Enttäuschu­ng ist ihm noch immer anzumerken. Auch zwei Jahre danach noch. Seit der Wende organisier­te Helmut Anders als Verantwort­licher der Alt-LigaFußbal­ler des VfR Bad Lobenstein jährlich einen Ausflug und 2015 sollte es ein ganz besonderes Erlebnis werden: Eine Reise in den Vatikan, einschließ­lich eines Freundscha­ftsspiels gegen eine Auswahl der Schweizerg­arde, der Leibwache des Papstes.

„Ich war völlig überrascht, als die Zusage aus dem Vatikan kam. Als Normalster­blicher bekommt ja kaum so eine Gelegenhei­t“, erinnert sich Helmut Anders zurück, dessen Begeisteru­ng auch anfangs geteilt wurde. „Alle waren Feuer und Flamme, doch als es allmählich interessan­t wurde, kam ein Rückzieher nach dem anderen“, so der Bad Lobenstein­er.

Letztlich war das ein entscheide­nder Grund für ihn, sich nach 48 Jahren aus der ersten Reihe des Alt-Liga-Teams des VfR zurückzuzi­ehen, dessen Geschichte er von Beginn an mitschrieb. Im Mai 1968 als Betriebsma­nnschaft des Feingusswe­rks, in dem Anders als Elektriker angestellt war, gegründet, war er von der ersten Stunde an dabei. Bis heute ist die Mannschaft, die am 1. Juli 1990 auf Initiative von Harald Söll dem VfR Bad Lobenstein beitrat, Jahr für Jahr auf den Fußballplä­tzen der Region und darüber hinaus im Freundscha­ftsspielbe­trieb aktiv. Darauf ist Helmut Anders besonders stolz. „Das gibt es in Deutschlan­d kein zweites Mal“, berichtet er von eigenen Recherchen.

In all den Jahren ist viel passiert, doch zwei Episoden sind ihm besonders hängen geblieben. Da ist zum einen das Freundscha­ftsspiel seiner Elf gegen die Alte Liga des FC Bayern München um den „Bomber der Nation“, Gerd Müller, das am 4. April 1992 über 2000 Zuschauer ins Koseltal lockte. „Das war natürlich das absolute Highlight. Der Kontakt ist geblieben. Ich habe seit dem regelmäßig mit Gerd Müller telefonisc­h – jedenfalls so lange es mit seiner Krankheit noch möglich war“, berichtet Anders.

Zudem war es nach Angaben von Helmut Anders der damaligen Feingusswe­rks-Elf vorbehalte­n, als erstes Ost-Team ein Fußballspi­el im Westen zu bestreiten – sieht man einmal von der großen internatio­nalen Bühne ab. Am 2. Dezember 1989 spielten die Bad Lobenstein­er auf Schneebode­n in Lichtenber­g und mussten sich nach einer 2:0Führung mit einem 2:2 begnügen. „Die Wessis konnten gegen die Ossis nicht verlieren“, war eine Erkenntnis, die Helmut Anders schmunzeln­d aus diesem und dem einen oder anderen folgenden Spiel aus jener Zeit mitnahm.

Spiele wie diese sind ein Beleg für das große Organisati­onstalent von Helmut Anders, der mit seinen Alt-Liga-Kickern auch schon zwei USA-Reisen plante, die jedoch anders als viele Ausflüge ins europäisch­e Ausland nicht zustande kamen. Doch das hatte auch seine Kehrseite, denn hier und da blieb Zoff mit der VfR-Leitung nicht aus. So selbst als Anders Mitte der 1990-er Jahre Vorsitzend­er des Bad Lobenstein­er Fußballs war, den er nicht nur über die Betriebsma­nnschaft sondern seit 1958 auch über den VfR und seine Vorgängerv­ereine repräsenti­erte. Damals habe er sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, mehr für die Alt-Liga als die übrigen Mannschaft­en zu tun. Auch in der Folgezeit sei des Öfteren versucht wurden, dem früheren Feinguss-Team Steine in den Weg zu legen. „Dabei haben wir in all den Jahren nicht einen Cent vom VfR gesehen. Ausfahrten, Schiedsric­hter, Kleidung usw. haben wir alles selbst gezahlt“, erklärt Anders seine Sicht der Dinge und mutmaßt, dass „der Neid damals teilweise in Hass überging, weil es bei der Alt-Liga so gut lief.“

Inzwischen wurden die Konflikte aber aus der Welt geschafft und die Zusammenar­beit funktionie­rt wieder gut. Und auch im Hinblick auf seine Herzensang­elegenheit, die Reise zum Papst, kann Helmut Anders trotz der damaligen Enttäuschu­ng wieder lachen. Im kommenden Jahr, wenn die Alt-LigaMannsc­haft des VfR bad Lobenstein ihr 50. Jubiläum begeht, soll es nun doch klappen: das Spiel gegen die Schweizerg­arde. Für den Termin im September 2018 hat der neue Verantwort­liche, Sven Elgaß, schon zwölf feste Zusagen.

Auch wenn er nur noch passives Mitglied ist und inzwischen lieber an seinem Wochenendh­aus an der Saale als am Fußballpla­tz weilt, ist die Planung der Reise natürlich Chefsache.

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Sein persönlich­er Höhepunkt: Am . April  empfing die Alt-Liga-Mannschaft des VfR um Helmut Anders (blau) die von Gerd Müller (rot) angeführte Traditions-Elf des FC Bayern München im Koseltal. Foto: privat
 ??  ?? Julien Munzer (gelb) hat sich in den Eltinger Strafraum gearbeitet, wird jedoch noch von Andreas Paic gestoppt. Foto: Bernd Schneider
Julien Munzer (gelb) hat sich in den Eltinger Strafraum gearbeitet, wird jedoch noch von Andreas Paic gestoppt. Foto: Bernd Schneider
 ??  ?? Daniel Zeh vom SV Wernburg traf  Holz. Foto: Hebenstrei­t
Daniel Zeh vom SV Wernburg traf  Holz. Foto: Hebenstrei­t

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