Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Tollkühne Männer und ihre alten Motoren
Der Museumsverein Orlatal begrüßte Aussteller und hunderte Gäste zum . Stationärmotoren- und . Traktorentreffen am Buteile-Park
Neustadt. Wo tuckern in der heutigen Zeit die meisten Motoren aus der Generation der Großväter und Urgroßväter gleichzeitig? – Bei einem Traktorenund Stationärmotorentreffen wie am Sonnabend im Buteile-Park in Neustadt. Schon von weitem hörte man die „Beweger der Menschheit“, wie Motoren sprichwörtlich genannt werden, und man sah die eine oder andere kleine Rauchwolke. Mehrere spannende Stunden lang wurde präsentiert, erklärt, gefragt, gestaunt und genossen.
So zog Gerhard Demuth aus Freienorla die Zuschauer beinahe magisch an, wenn er den Flugzeugmotor des polnischen Kleinflugzeuges Wilga startete. Es wurde richtig laut, es klang, als ob er gleich abheben würde. Der Propeller drehte sich in sagenhafter Geschwindigkeit.
Gerhard Demuth ist nicht nur Unternehmer – sein mittelständischer Betrieb stellt Lkw-Planen her – , er ist auch Sammler und Kenner von Motoren verschiedenster Art und Hobby-Pilot. Mit 16 Jahren begann er mit dem Segelflug bei der damaligen Gesellschaft für Sport und Technik. Nach 1990 absolvierte er die Prüfungen für die nötige Pilotenlizenz. Bei dem Treffen in Neustadt begeisterte er die Gäste auch mit verschiedenen kleineren Motoren sowie einem großen Viertakt-Dieselmotor Modaag, der einst in einer Tischlerei über Transmission die Hobelmaschinen antrieb. Der Motor sollte gerade entsorgt werden, als Demuth ihn zufällig beim Vorbeifahren entdeckte und anbot, ihn zu kaufen.
Auch um eine Metallstanze, fast 100 Jahre alt, drängten sich die interessierten Gäste. „Es ist eine 6-Tonnen-Stanze“, erklärte Schlosser Rainer Rieth vom Museumsverein Orlatal, der den fabelhaften Motoren-Tag organisiert hat. Und der Vereinsvorsitzende Jürgen Mädel zog sogleich goldig glänzende Buteile-Park-Münzen hervor, die man selbst fertig prägen konnte.
„Es sind alles alte Hasen, die heute hier sind“, stellte Roland Schilling begeistert fest. „Alles, was Rang und Namen hat in der Szene ist heute in Neustadt“, freut sich der Mitorganisator. Insgesamt präsentierten 61 Aussteller aus der Region ihre teils sehr speziellen und meist sehr alten Maschinen. „Eine wunderschöne Veranstaltung“, freute sich auch Vereinsmitglied Rolf Geithner, der untern anderem zu den neu eröffneten Miniatur-FahrzeugAusstellungen Gäste im Technik-Museum begrüßte. Selbst gebaute Miniatur-Motoren, zum Beispiel aus der Kaiserzeit, präsentierte schließlich Wilfried Betke aus Zeulenroda.
Etwas ganz Besonderes, wenn nicht gar Einmaliges, war die Kombination aus Deutz-Motor und Holzorgel. Roland Wetzel aus dem benachbarten Gütterlitz, von Beruf Werkzeugbauer bei FKT in Triptis, hatte die Idee dazu. Ein guter alter Deutz-Motor, der über Jahrzehnte in der Landwirtschaft Dresch- und andere Maschinen antrieb, brachte per Transmission nun ein Gebläse einer Dreschmaschine zum Laufen, die wiederum eine Orgel, Marke Eigenbau, erklingen ließ – natürlich nur unter den geschickten Händen eines Orgelspielers. Und in dieser Rolle war der 16-jähre Musik-Autodidakt und Gymnasiast Lucas Weber aus Gütterlitz zu erleben. Evergreens wie „Ein kleiner grüner Kaktus“erklangen über das Ausstellungsgelände und gefielen den Gästen. „Spielen kann ich die Orgel selbst nicht, aber ich habe sie selbst gebaut“, erklärt Tüftler Roland Wetzel stolz. Dafür hat er sich einige Fähigkeiten in der Holzbearbeitung extra angeeignet.
„Man muss die Leute bewundern, die sowas können und die Maschinen für die Nachwelt erhalten“, sagte Rentner Edgar Poser aus Mittelpöllnitz. „Mit der Technik sind wir aufgewachsen“, erklärte er – und wie froh er ist, dass die Maschinen und Motoren nicht weggeworfen, sondern gerettet wurden.
Dieter Böswetter aus Triptis ist so ein Retter. Er kaufte einst einen fast neuwertigen Otto-Motor, Baujahr 1935. Die Schwungscheiben fehlten jedoch. Er kaufte diese nach und baute die Maschine in eine fahrbare Kreissäge um. 1976 fuhr Böswetter damit zum Triptiser Karnevalszug. Nach der Wende wurde der Motor nicht mehr gebraucht. Durch persönliche Kontakte erfuhr Alexander Schilling davon und kaufte ihn dem Senioren ab, um ihn weiter zu pflegen und zu nutzen. Es ist ein 4-Takt-Benziner vom Typ MA 716. Die Kühlung funktioniert per WasserVerdampfung, weshalb Neubesitzer Alexander Schilling gerne mal Eier in der Maschine kocht, auch diesmal am Buteile-Park.
Vater Roland Schilling begeisterte auch mit Vorführungen an einer Holzspaltmaschine (um 1920) und einer alten Kreissäge.
Tolle Maschinen vor dem Wegwerfen gerettet