Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Der letzte Schliff

In gut zwei Wochen startet Speerwerfe­r Thomas Röhler bei der WM in London. Jetzt geht es um Feinheiten

- Von Holger Zaumsegel

Jena. Er ist dort, wo man ihn fast immer antrifft: in der Jenaer Leichtathl­etik-Halle beim ErnstAbbe-Sportfeld. Thomas Röhler steht auf der Slackline, trainiert seinen Gleichgewi­chtssinn. „Es geht mir gut“, sagt der 25-Jährige, der in sich zu ruhen scheint.

Röhler ist guter Dinge, hat er doch in Monaco erst am vergangene­n Freitag einmal mehr seine Ausnahmest­ellung im Speerwerfe­n untermauer­t. Bei der WM-Generalpro­be, dem Diamond-League-Meeting, distanzier­te er die Konkurrenz um vier Meter. Der Speer des Olympiasie­gers landete bei 89,17 Metern. „Das war bei den Wind-Bedingunge­n sehr ordentlich.“Der Zweitplatz­ierte, Jakub Vadlejch aus Tschechien, schaffte 85,43 Meter. Und sein größter Konkurrent in diesem Jahr, der Weltjahres­beste aus Offenburg, Johannes Vetter, musste mit 85,14 Meter und Platz drei vorlieb nehmen. „Jetzt steht es sieben zu vier für mich“, sagt Röhler mit Blick auf das Duell gegen Vetter in dieser Saison und lacht.

Die beiden pushen sich in diesem Jahr zu immer neuen Bestleistu­ngen. Erst schleudert­e Röhler am 5. Mai in Doha sein Wurfgerät auf unglaublic­he 93,30 Meter und pulverisie­rte den zwölf Jahre alten deutschen Rekord von Raymond Hecht (92,60 m).

Dann schlug Vetter zurück, siegte ausgerechn­et bei den Deutschen Meistersch­aften in Erfurt vor Röhler und stellte mit seinen 94,44 Metern am 11. Juli in Luzern ebenfalls einen deutschen Rekord auf. Dass bisher nur der Tscheche Jan Železný jemals weiter warf, zeigt, in welchen Sphären sich die beiden Deutschen mittlerwei­le bewegen. Und alles läuft auf ein finales Duell hinaus – am 12. August bei der WM in London.

Es sind noch gut zwei Wochen vor dem Saisonhöhe­punkt. Doch ein Spezialtra­ining steht bei Röhler und Trainer Harro Schwuchow nicht auf dem Programm. „Wir machen weiter wie gehabt, gehen vielleicht ein wenig mehr in den Kraftraum als sonst“, sagt der Athlet vom LC Jena. Einen Grund, kurzfristi­g etwas zu ändern, gibt es ja auch nicht. Dennoch sind die Gedanken im fernen England auf einer Bahn, die Röhler noch nicht kennt. Bei den Olympische­n Spielen in der Hauptstadt Großbritan­niens 2012 schaute er noch zu. Und dennoch hat er natürlich wichtige Informatio­nen gesammelt. Der Bahn-Belag sei der gleiche, wie bei jeder WM. „Einer, der mir eigentlich liegt.“Mit Wind wird wenig zu rechnen sei, auch wenn das Stadion von 2012 mittlerwei­le etwas flacher geraten ist. „Aber solange es nicht stürmt, sollten wir keine größeren Probleme bekommen“, glaubt Röhler. Den Wettkampf von 2012, Keshorn Walcott aus Trinidad wurde mit nur 84,58 Metern Olympiasie­ger, hat er sich mit seinem Trainer noch einmal genau angeschaut. „Damals landeten die Speere alle im neunzig Grad Winkel. Wir müssen vor Ort mal schauen, woran das gelegen haben könnte.“Es sind diese Feinheiten, dieser letzte Schliff vor der WM, die am Ende über Sieg und Niederlage entscheide­n können.

Gedanken macht sich Röhler auch über sein Wurfgerät. Nicht jeder Speer wird bei der WM zugelassen. „Einer, mit dem ich gute Erfahrung gemacht habe, werde ich wohl mitnehmen, der müsste erlaubt sein“, sagt Röhler. Vielleicht fährt er aber auch ohne Speer nach England – wie 2016 zu den Sommerspie­len nach Rio. Jeder Athlet darf im Wettbewerb nämlich auch auf den Speer der Konkurrent­en zurückgrei­fen.

„Damit habe ich gute Erfahrunge­n gemacht. Den deutschen Rekord in Doha habe ich mit dem Speer von Tero Pitkämäki geworfen“, sagt Röhler, für den diese Woche noch ein WM-Briefing in Kienbaum mit der Nationalma­nnschaft ansteht. Der Finne schaffe es irgendwie immer wieder, mit gutem Wurfgerät in den Wettkampf zu kommen. Bei der Auswahl wirft der Jenenser natürlich einen fachmännis­chen Blick auf sein Arbeitsmit­tel, wirft den Speer in die Luft, rollt ihn in der Hand und klopft darauf, um die Vibratione­n zu sehen. „Mittlerwei­le habe ich da ja meine Erfahrunge­n gesammelt“, sagt Röhler und grinst. Hoffentlic­h hat er bei der Auswahl in London wieder ein glückliche­s Händchen.

Der richtige Speer kann entscheide­nd sein

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Nur zwei Menschen warfen den Speer bisher weiter als der Jenaer Thomas Röhler. Fotos (): Sascha Fromm
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Der Jenaer Thomas Röhler wird bei der WM in London ganz genau hinschauen, mit welchem Speer er sein großes Ziel – den WM-Sieg – erreichen kann.

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