Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
„Hass als Strategie“
Die Ausfälle des AfD-Politikers André Poggenburg beim Politischen Aschermittwoch lösen Fassungslosigkeit aus – auch beim Bundespräsidenten
Berlin. Der Satz, der so ein lautes Echo hervorrufen soll, fängt leise an. André Poggenburg, AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt, legt im sächsischen Nentmannsdorf die Hände ans Rednerpult. „Und ganz, ganz unverschämt fand ich noch Folgendes“, sagt er und berichtet, dass die Türkische Gemeinde in Deutschland das geplante Heimatministerium als Teil des Innenressorts ablehne, unter Verweis auf die deutsche Geschichte. „Da muss ich ehrlich sagen, diese Kümmelhändler“– hier wird er lauter – „haben selbst einen Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern am Arsch, für den die bis heute keine Verantwortung übernehmen. Und die wollen uns irgendetwas über Geschichte und Heimat erzählen!“Danach geht es noch ein bisschen weiter, mit „Kameltreibern“, mit „Lehmhütten“und „Vielweibern“. Der Saal jubelt – Politischer Aschermittwoch nach Art der AfD.
Die angesprochene Türkische Gemeinde in Deutschland zeigt sich am Donnerstag entsetzt. Gökay Sofuoglu, Vorsitzender des Verbands, sagt dieser Redaktion, Poggenburgs Auftritt habe ihn an „Reden von Joseph Goebbels“erinnert. Der Verband prüft jetzt juristische Schritte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, es gebe Politiker, die „Rücksichtslosigkeit und Hass“zu einer eigenen Strategie machen würden. Schon jetzt beschäftigt die Rede die Justiz: Die Staatsanwaltschaft Dresden hat ein Verfahren eingeleitet. Nach Einschätzung von Anwalt Christian Solmecke könnten die Straftatbestände der Beleidigung und der Volksverhetzung erfüllt sein.
Auch AfD-Chef Jörg Meuthen kritisiert Poggenburg – auf der stilistischen Ebene. Poggenburgs Wortwahl gehe „deutlich zu weit“, erklärte Meuthen. In der Sache stellt er sich jedoch hinter den Landeschef. Wenn sich Verbände gegen ein Heimatministerium aussprächen, sei das „sehr bedenklich“.