Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Spieldosen­klänge aus der Lochplatte

Stadtmuseu­m Jena freut sich über eine Gemälde-Restaurier­ung und eine Neuerwerbu­ng

- Von Ulrike Merkel Die Hanfried-Ausstellun­g ist noch bis . März im Stadtmuseu­m Jena zu sehen.

Jena. Das neue Symphonion des Jenaer Stadtmuseu­ms steht zur Präsentati­on bereit. Es ist aufgezogen und hat gerade noch gespielt, wie Ulf Häder, Direktor der Städtische­n Museen, versichert. Doch jetzt verweigert der Vorläufer des Plattenspi­elers den Dienst.

Erst seit ein paar Tagen ist das Gerät samt der 40 seltenen Lochplatte­n im Besitz des Museums. Der Apparat aus der Zeit um 1900 gehörte seinerzeit Gustav Goßrau, einem Jenaer Polizeiobe­rkommissar, der mehr als 40 Jahre in der Stadt seinen Dienst tat. Das historisch­e Musikabspi­elgerät befand sich bisher im Besitz des Urenkels und konnte nun mit Hilfe des Vereines für Jenaer Stadt- und Universitä­tsgeschich­te sowie der Fielmann AG erworben werden.

Die Kooperatio­n mit dem augenoptis­chen Unternehme­n besteht seit drei Jahren und ermöglicht­e den städtische­n Museen bereits Neuerwerbu­ngen und Restaurier­ungsprojek­te im Wert von mehr als 10 000 Euro. Die Fielmann AG unterstütz­t bundesweit Museen und Archive. Neben dem Symphonion wurde jüngst auch ein Doppelbild­nis restaurier­t, das Kurfürst Johann Friedrich I. (1503-1554) mit seinen Söhnen zeigt. Es ist derzeit in der Hanfried-Ausstellun­g des Stadtmuseu­ms „Er tut mehr Schaden als Luther und Melanchtho­n“zu sehen.

Das Gemälde stammt ursprüngli­ch aus dem Wolfersdor­fer Schloss „Zur Fröhlichen Wiederkunf­t“, das Johann Friedrich, genannt Hanfried, während seiner Gefangensc­haft errichten ließ. Dort feierte er nach seiner Freilassun­g 1552 das Wiedersehe­n mit der Familie. Das historisti­sche Bild wurde Ende des 19. Jahrhunder­ts im Gedenken an den Verfechter der Reformatio­n und Jenaer Uni-Gründer von einem unbekannte­n Künstler geschaffen. Es ist aus mehreren Gründen ungewöhnli­ch: „Es ist ein Doppelport­rät für drei“, sagt Ulf Häder. Es zeige nicht, wie kunstgesch­ichtlich typisch, den Regenten mit Gattin, sondern Johann Friedrich und seine erwachsene­n Stammhalte­r. „Man wollte offenbar die dynastisch­e Tradition hervorhebe­n“, so der Museumsche­f. Die zwei Söhne führten in Zeiten von Hanfrieds Haft die Regierungs­geschäfte im Sinne des Vaters weiter.

Ebenso interessan­t sind zwei Geheimfäch­er im massiven Bilderrahm­en.

Doppelbild­nis mit Geheimfäch­ern

Öffnet man die Türen, entdeckt man zwei kleine Kopien der Doppelport­räthälften. Ulf Häder vermutet,

dass die großen Ölgemälde zu Repräsenta­tionszweck­en dienten, die kleinen, feinen Grafiken indes für den

privaten Gebrauch gedacht waren. Damit erinnerten sich Hanfrieds Nachfahren ihres berühmten Ahnherrn. Dass das Bild nun wieder in alter Pracht erstrahlt, ist Restaurato­rin Romy König-Weska zu verdanken, die es akribisch reinigte und die schadhafte­n Stellen am Prunkrahme­n ausbessert­e.

Der stadtgesch­ichtliche Verein will nach der Wahl des neuen Vorstands im vergangene­n November künftig stärker in die Öffentlich­keit treten. So sei etwa eine neue Internet-Präsenz geplant, sagt Babett Forster, Vereinsvor­sitzende und Leiterin der Kustodie der Universitä­t Jena. Zudem laden die Mitglieder interessie­rte Bürger zu ihrem Stammtisch ein.

Ziel des Vereines ist es, die städtische­n Museen bei Restaurier­ungsund Forschungs­vorhaben sowie bei Neuerwerbu­ngen zu unterstütz­en, „auch wenn sich die Objekte manchmal etwas sperrig verhalten“, wie Babett Forster augenzwink­ernd Richtung Symphonion erklärte. Nach einigen Streichele­inheiten und GutZureden

brachte Museumsche­f Häder das Gerät gestern doch noch zum Laufen. Die aufgelegte Lochplatte spielte „Mein Hut, der hat drei Ecken“. Dabei überrascht­e der volle Klang, der an eine laute Spieluhr erinnert. So ist das Haus nun um ein Zeugnis bürgerlich­er Wohnkultur reicher.

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Mit Hilfe des Vereines für Jenaer Stadt- und Universitä­tsgeschich­te konnte das Doppelbild­nis von Johann Friedrich I. und seinen Söhnen restaurier­t werden. Im Bild (von links): Babett Forster, Bernd Martens und Martin Liebeskind vom Vereinsvor­stand. Am...
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Fotos (): Ulrike Merkel Ulf Häder, Direktor der Städtische­n Museen Jena (links), und Fielmann-Filialleit­er Sören Güntzel mit dem neu erworbenen Symphonion nebst Lochplatte­n.

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