Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Spieldosenklänge aus der Lochplatte
Stadtmuseum Jena freut sich über eine Gemälde-Restaurierung und eine Neuerwerbung
Jena. Das neue Symphonion des Jenaer Stadtmuseums steht zur Präsentation bereit. Es ist aufgezogen und hat gerade noch gespielt, wie Ulf Häder, Direktor der Städtischen Museen, versichert. Doch jetzt verweigert der Vorläufer des Plattenspielers den Dienst.
Erst seit ein paar Tagen ist das Gerät samt der 40 seltenen Lochplatten im Besitz des Museums. Der Apparat aus der Zeit um 1900 gehörte seinerzeit Gustav Goßrau, einem Jenaer Polizeioberkommissar, der mehr als 40 Jahre in der Stadt seinen Dienst tat. Das historische Musikabspielgerät befand sich bisher im Besitz des Urenkels und konnte nun mit Hilfe des Vereines für Jenaer Stadt- und Universitätsgeschichte sowie der Fielmann AG erworben werden.
Die Kooperation mit dem augenoptischen Unternehmen besteht seit drei Jahren und ermöglichte den städtischen Museen bereits Neuerwerbungen und Restaurierungsprojekte im Wert von mehr als 10 000 Euro. Die Fielmann AG unterstützt bundesweit Museen und Archive. Neben dem Symphonion wurde jüngst auch ein Doppelbildnis restauriert, das Kurfürst Johann Friedrich I. (1503-1554) mit seinen Söhnen zeigt. Es ist derzeit in der Hanfried-Ausstellung des Stadtmuseums „Er tut mehr Schaden als Luther und Melanchthon“zu sehen.
Das Gemälde stammt ursprünglich aus dem Wolfersdorfer Schloss „Zur Fröhlichen Wiederkunft“, das Johann Friedrich, genannt Hanfried, während seiner Gefangenschaft errichten ließ. Dort feierte er nach seiner Freilassung 1552 das Wiedersehen mit der Familie. Das historistische Bild wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Verfechter der Reformation und Jenaer Uni-Gründer von einem unbekannten Künstler geschaffen. Es ist aus mehreren Gründen ungewöhnlich: „Es ist ein Doppelporträt für drei“, sagt Ulf Häder. Es zeige nicht, wie kunstgeschichtlich typisch, den Regenten mit Gattin, sondern Johann Friedrich und seine erwachsenen Stammhalter. „Man wollte offenbar die dynastische Tradition hervorheben“, so der Museumschef. Die zwei Söhne führten in Zeiten von Hanfrieds Haft die Regierungsgeschäfte im Sinne des Vaters weiter.
Ebenso interessant sind zwei Geheimfächer im massiven Bilderrahmen.
Doppelbildnis mit Geheimfächern
Öffnet man die Türen, entdeckt man zwei kleine Kopien der Doppelporträthälften. Ulf Häder vermutet,
dass die großen Ölgemälde zu Repräsentationszwecken dienten, die kleinen, feinen Grafiken indes für den
privaten Gebrauch gedacht waren. Damit erinnerten sich Hanfrieds Nachfahren ihres berühmten Ahnherrn. Dass das Bild nun wieder in alter Pracht erstrahlt, ist Restauratorin Romy König-Weska zu verdanken, die es akribisch reinigte und die schadhaften Stellen am Prunkrahmen ausbesserte.
Der stadtgeschichtliche Verein will nach der Wahl des neuen Vorstands im vergangenen November künftig stärker in die Öffentlichkeit treten. So sei etwa eine neue Internet-Präsenz geplant, sagt Babett Forster, Vereinsvorsitzende und Leiterin der Kustodie der Universität Jena. Zudem laden die Mitglieder interessierte Bürger zu ihrem Stammtisch ein.
Ziel des Vereines ist es, die städtischen Museen bei Restaurierungsund Forschungsvorhaben sowie bei Neuerwerbungen zu unterstützen, „auch wenn sich die Objekte manchmal etwas sperrig verhalten“, wie Babett Forster augenzwinkernd Richtung Symphonion erklärte. Nach einigen Streicheleinheiten und GutZureden
brachte Museumschef Häder das Gerät gestern doch noch zum Laufen. Die aufgelegte Lochplatte spielte „Mein Hut, der hat drei Ecken“. Dabei überraschte der volle Klang, der an eine laute Spieluhr erinnert. So ist das Haus nun um ein Zeugnis bürgerlicher Wohnkultur reicher.