Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Therapie und Alltag im Einklang
Pößnecker Asklepios-Tagesklinik hilft Menschen aus dem gesamten Saale-Orla-Kreis und auch aus angrenzenden Regionen
Pößneck. Tagsüber profitieren die Patienten vom therapeutischen Angebot, die Abende und Wochenenden aber verbringen sie zu Hause: Das Angebot der zum Asklepios Fachklinikum Stadtroda gehörenden Psychiatrischen Tagesklinik in Pößneck schließt die Lücke zwischen vollstationärer Behandlung und ambulanter Therapie.
„Die Patienten unserer Tagesklinik kommen aus Pößneck, Schleiz, Bad Lobenstein, Hirschberg, Neustadt, praktisch aus dem gesamten Saale-OrlaKreis, aber auch aus den Regionen Kahla, Saalfeld oder Zeulenroda-Triebes“, sagt Ina Uhde, Leiterin der Tagesklinik.
„Der teilstationäre Rahmen ist ein integraler Bestandteil des psychiatrischen Versorgungssystems“, erklärt Udo Polzer,
„Die Patienten unserer Tagesklinik in Pößneck profitieren von einem sehr erfahrenen Fachpersonal, von kleinen Gruppen, von einem offenen und freundlichen Miteinander.“
Udo Polzer, Ärztlicher Direktor des Asklepios Fachklinikums Stadtroda
ärztlicher Direktor des Asklepios Fachklinikums Stadtroda. „Es ist ein wichtiger Aspekt bei der Versorgung psychiatrischer Patienten, die – beispielsweise im Anschluss an einen vollstationären Aufenthalt – weiter behandelt werden sollen, die aber in einem solchen Rahmen die Aspekte des täglichen Lebens besser in eine Therapie einfließen lassen können.“Umgekehrt sei das innerhalb der Therapie Erlernte gleich zu Hause anwendbar.
„Patienten, die einer Komplexbehandlung bedürfen, und bei denen es mit einer ambulanten Therapie nicht richtig vorwärtsgeht, sind in der Tagesklinik bestens aufgehoben“, sagt Ina Uhde. „Dass sie nicht über Nacht bleiben müssen, genießen vor allem die Mütter“, weiß sie.
Die Patienten der Tagesklinik profitieren von einem erfahrenen Team aus Ärztin, Pflegern, Psychologen, Ergotherapeuten und Sozialarbeitern. Zum Selbstverständnis gehören sowohl eine moderne psychologische und psychotherapeutische Diagnostik als auch eine medikamentöse Therapie nach neuesten Standards. Die einzelnen Komponenten der Behandlung werden individuell auf den Patienten abgestimmt.
Gestartet war die Tagesklinik 2006 mit zwölf Plätzen in einer Villa in der Marienstraße in Pößneck. Aufgrund der hohen Nachfrage zog das Team um Ina Uhde 2010 in die Kurzackerstraße mit großzügigem Garten um, der von den Patienten gern genutzt wird. In der oberen Etage des zweigeschossigen Objektes unmittelbar neben der Kita Pusteblume können 31 Plätze vorgehalten werden. Im selben Gebäude befinden sich zudem eine psychiatrische Institutsambulanz und ein Medizinisches Versorgungszentrum des Asklepios Fachklinikums Stadtroda.
Das Team der Tagesklinik steht bereit für das gesamte Behandlungsspektrum einer Klinik für Psychiatrie – von Depression über Schizophrenie, Angsterkrankungen oder Burn-Out bis hin zur bipolaren Störung. Der Altersdurchschnitt der Patienten ist gemischt – die jüngsten Hilfesuchenden sind 18, die älteste war 86 Jahre alt.
Besonders spezialisiert hat sich das Team auf die sogenannte Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung, welcher eine Störung der Emotionsregulation zugrunde liegt. Ina Uhde erklärt dazu: „Die – überwiegend weiblichen – Betroffenen fühlen viel intensiver, das heißt auch, sie fühlen häufiger schneller anflutend und länger anhaltend Angst oder Ärger oder Scham als der Durchschnitt. Sie leiden oft unter extrem hoher Anspannung und versuchen, die Emotionen zu regulieren, indem sie sich selbst verletzen, zum Beispiel durch Ritzen der Haut, sich risikoreich verhalten oder das Essverhalten verändern.“Die meisten Patienten mit Borderline-Störung haben in der Kindheit ein Trauma erlitten, oft durch Misshandlungen oder sexuelle Übergriffe.
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie ist eine Komplexbehandlung aus mehreren Bausteinen wie dem zweimal wöchentlich stattfindenden Training von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Hier bekommen die Patienten zum einen den Auftrag, sich mit Hilfe eines Fragebogens mit Verhaltensweisen auseinanderzusetzen, die verändert werden sollten, weil sie vielleicht auch im Alltag schon hinderlich waren oder hinderlich werden könnten. „Die Auswertung erfolgt dann in der Gruppe, so dass sich die Patienten untereinander austauschen können“, sagt Ina Uhde. Hinzu kommt eine Theorie-Sequenz, die Wissen zum Umgang mit Stress oder extremen Gefühlen vermittelt. Die Stresstoleranzgruppe und Einzelgespräche sind weitere Bausteine der Therapie.
Es gebe mehr und mehr Betroffene, die erkennen, „dass es ihnen besser geht, wenn sie sich trauen in Behandlung zu gehen“, sagt Ina Uhde. Ein hoher Prozentsatz der Patienten, die das DBT-Programm durchlaufen haben, weisen Studien zufolge nach drei Jahren Therapie nicht mehr die Merkmale einer Borderline-Persönlichkeitsstörung auf.