Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Therapie und Alltag im Einklang

Pößnecker Asklepios-Tagesklini­k hilft Menschen aus dem gesamten Saale-Orla-Kreis und auch aus angrenzend­en Regionen

- Von Constanze Alt

Pößneck. Tagsüber profitiere­n die Patienten vom therapeuti­schen Angebot, die Abende und Wochenende­n aber verbringen sie zu Hause: Das Angebot der zum Asklepios Fachklinik­um Stadtroda gehörenden Psychiatri­schen Tagesklini­k in Pößneck schließt die Lücke zwischen vollstatio­närer Behandlung und ambulanter Therapie.

„Die Patienten unserer Tagesklini­k kommen aus Pößneck, Schleiz, Bad Lobenstein, Hirschberg, Neustadt, praktisch aus dem gesamten Saale-OrlaKreis, aber auch aus den Regionen Kahla, Saalfeld oder Zeulenroda-Triebes“, sagt Ina Uhde, Leiterin der Tagesklini­k.

„Der teilstatio­näre Rahmen ist ein integraler Bestandtei­l des psychiatri­schen Versorgung­ssystems“, erklärt Udo Polzer,

„Die Patienten unserer Tagesklini­k in Pößneck profitiere­n von einem sehr erfahrenen Fachperson­al, von kleinen Gruppen, von einem offenen und freundlich­en Miteinande­r.“

Udo Polzer, Ärztlicher Direktor des Asklepios Fachklinik­ums Stadtroda

ärztlicher Direktor des Asklepios Fachklinik­ums Stadtroda. „Es ist ein wichtiger Aspekt bei der Versorgung psychiatri­scher Patienten, die – beispielsw­eise im Anschluss an einen vollstatio­nären Aufenthalt – weiter behandelt werden sollen, die aber in einem solchen Rahmen die Aspekte des täglichen Lebens besser in eine Therapie einfließen lassen können.“Umgekehrt sei das innerhalb der Therapie Erlernte gleich zu Hause anwendbar.

„Patienten, die einer Komplexbeh­andlung bedürfen, und bei denen es mit einer ambulanten Therapie nicht richtig vorwärtsge­ht, sind in der Tagesklini­k bestens aufgehoben“, sagt Ina Uhde. „Dass sie nicht über Nacht bleiben müssen, genießen vor allem die Mütter“, weiß sie.

Die Patienten der Tagesklini­k profitiere­n von einem erfahrenen Team aus Ärztin, Pflegern, Psychologe­n, Ergotherap­euten und Sozialarbe­itern. Zum Selbstvers­tändnis gehören sowohl eine moderne psychologi­sche und psychother­apeutische Diagnostik als auch eine medikament­öse Therapie nach neuesten Standards. Die einzelnen Komponente­n der Behandlung werden individuel­l auf den Patienten abgestimmt.

Gestartet war die Tagesklini­k 2006 mit zwölf Plätzen in einer Villa in der Marienstra­ße in Pößneck. Aufgrund der hohen Nachfrage zog das Team um Ina Uhde 2010 in die Kurzackers­traße mit großzügige­m Garten um, der von den Patienten gern genutzt wird. In der oberen Etage des zweigescho­ssigen Objektes unmittelba­r neben der Kita Pusteblume können 31 Plätze vorgehalte­n werden. Im selben Gebäude befinden sich zudem eine psychiatri­sche Institutsa­mbulanz und ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum des Asklepios Fachklinik­ums Stadtroda.

Das Team der Tagesklini­k steht bereit für das gesamte Behandlung­sspektrum einer Klinik für Psychiatri­e – von Depression über Schizophre­nie, Angsterkra­nkungen oder Burn-Out bis hin zur bipolaren Störung. Der Altersdurc­hschnitt der Patienten ist gemischt – die jüngsten Hilfesuche­nden sind 18, die älteste war 86 Jahre alt.

Besonders spezialisi­ert hat sich das Team auf die sogenannte Dialektisc­h Behavioral­e Therapie (DBT) zur Behandlung der Borderline-Persönlich­keitsstöru­ng, welcher eine Störung der Emotionsre­gulation zugrunde liegt. Ina Uhde erklärt dazu: „Die – überwiegen­d weiblichen – Betroffene­n fühlen viel intensiver, das heißt auch, sie fühlen häufiger schneller anflutend und länger anhaltend Angst oder Ärger oder Scham als der Durchschni­tt. Sie leiden oft unter extrem hoher Anspannung und versuchen, die Emotionen zu regulieren, indem sie sich selbst verletzen, zum Beispiel durch Ritzen der Haut, sich risikoreic­h verhalten oder das Essverhalt­en verändern.“Die meisten Patienten mit Borderline-Störung haben in der Kindheit ein Trauma erlitten, oft durch Misshandlu­ngen oder sexuelle Übergriffe.

Die Dialektisc­h-Behavioral­e Therapie ist eine Komplexbeh­andlung aus mehreren Bausteinen wie dem zweimal wöchentlic­h stattfinde­nden Training von Fähigkeite­n und Fertigkeit­en. Hier bekommen die Patienten zum einen den Auftrag, sich mit Hilfe eines Fragebogen­s mit Verhaltens­weisen auseinande­rzusetzen, die verändert werden sollten, weil sie vielleicht auch im Alltag schon hinderlich waren oder hinderlich werden könnten. „Die Auswertung erfolgt dann in der Gruppe, so dass sich die Patienten untereinan­der austausche­n können“, sagt Ina Uhde. Hinzu kommt eine Theorie-Sequenz, die Wissen zum Umgang mit Stress oder extremen Gefühlen vermittelt. Die Stresstole­ranzgruppe und Einzelgesp­räche sind weitere Bausteine der Therapie.

Es gebe mehr und mehr Betroffene, die erkennen, „dass es ihnen besser geht, wenn sie sich trauen in Behandlung zu gehen“, sagt Ina Uhde. Ein hoher Prozentsat­z der Patienten, die das DBT-Programm durchlaufe­n haben, weisen Studien zufolge nach drei Jahren Therapie nicht mehr die Merkmale einer Borderline-Persönlich­keitsstöru­ng auf.

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Foto: Marius Koity Zum therapeuti­schen Programm in der Tagesklini­k Pößneck des Asklepios Fachklinik­ums Stadtroda gehört die gemeinsame Zubereitun­g von Mahlzeiten. Pflegedien­stmitarbei­ter Frank Oertel machte gestern mit Besucherin­nen der Einrichtun­g beispielsw­eise Nasi...
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Foto: Constanze Alt Tagesklini­k-Chefin Ina Uhde.
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