Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Amokläufer kündigte Gewalttat an

-Jähriger, der in Florida  Schüler erschoss, soll Rassistenm­iliz nahegestan­den haben. Debatte um bewaffnete Lehrer

- Von Dirk Hautkapp

Washington. 2018 ist erst sieben Wochen alt. Aber das Massaker von Parkland/Florida, bei dem der 19-jährige Nikolas Cruz in seiner ehemaligen Schule mit einem Sturmgeweh­r 17 Menschen erschossen und 15 weitere teilweise schwer verletzt hat, markiert in diesem Jahr bereits den 19. Fall von Waffengewa­lt an einer amerikanis­chen Lehreinric­htung. Acht Mal starben dabei Menschen.

Die rohen Fakten: Gegen 14.30 Uhr betritt Cruz den Campus, den er wegen Disziplinl­osigkeit 2017 verlassen musste. Bewaffnet mit massenweis­e Munition und einem halb automatisc­hen Schnellfeu­ergewehr vom Typ AR-15. Um die „Lockdown“-Prozeduren auszuhebel­n, bei denen sich Schüler und Lehrer bei Gefahr nach einem strengen Regime in Klassenräu­men verschanze­n, löst er, mit Gasmaske und Rauchbombe­n bestückt, die Brandmelde­r aus.

Zu Dutzenden laufen ihm kurz danach die Opfer vor die Mündung. Handyvideo­s von panikartig flüchtende­n Schülern zeigen Szenen, die einem den Magen umdrehen. Leichen. Blutlachen. Das reinste Grauen. Um andere zu schützen, wirft sich der Football-Trainer Aaron Feis, ein stämmiger Mann, vor seine Schutzbefo­hlenen – und stirbt. Cruz flieht. Er wird gegen 16 Uhr in der Nähe am Haus seiner Interimspf­legeeltern festgenomm­en.

Cruz, der als „sonderbar“und „einzelgäng­erisch“beschriebe­n wird, hat in sozialen Netzwerken aus seinen finsteren Absichten und seinem Waffenpopa­nz kein Geheimnis gemacht. Im September schrieb er auf Youtube: „Ich werde ein profession­eller Schulkille­r.“Die Bundespoli­zei FBI wusste davon. Cruz, der gestern dem Haftrichte­r vorgeführt wurde, war kein einfacher Fall. Lernschwie­rigkeiten. Psychische Probleme. Medikament­e. Gewalttend­enzen. So lauten die Stichworte über einen Jungen, der gemeinsam mit seinem Bruder nach dem Tod seiner geliebten Adoptivmut­ter im November von den Eltern eines ehemaligen Schulkamer­aden in Obhut genommen wurde. Hier, so der Anwalt Jim Lewis, habe Cruz zwar depressiv gewirkt – „aber zu keiner Zeit Signale gezeigt für einen derartigen Gewaltausb­ruch“.

Cruz soll jedoch der weißen Rassistenv­ereinigung und Miliz Republic of Florida (ROF) nahegestan­den haben. Das sagte ein Sprecher der Gruppe am Donnerstag. Cruz habe an Trainings teilgenomm­en. Die ROF kämpft für einen rein weißen Staat ohne andere Ethnien und bezeichnet sich selbst als gewalttäti­g

Donald Trump twitterte, Cruz sei „mental gestört“. Dass der folgenschw­erste Schusswaff­enangriff an einer Schule während seiner Präsidents­chaft mit dem Übermaß an Waffen (über 300 Millionen in US-Haushalten) und deren leichter Verfügbark­eit (gerade in Florida) zu tun haben könnte, kommt ihm auch nicht in den Sinn, als er sich im Fernsehen mit Pathos an die Nation wendet. Trump bewegt sich in den Kategorien von Trost und Beileid, zitiert die Bibel („Ich werde euch heilen“) und kündigt neben einer baldigen Visite in Parkland an, das „schwierige Problem der mentalen Krankheite­n anzugehen“. Denn: „Kein Kind, Lehrer oder sonst jemand sollte sich jemals unsicher in einer Schule fühlen.“Nur wie?

2016 im Präsidents­chaftswahl­kampf hatte Trump ein Ende der „waffenfrei­en Zone Schule“verlangt. Er machte sich damit die Kernpositi­on der National Rifle Asscociato­n (NRA) zu eigen, die seine Kandidatur mit 30 Millionen Dollar unterstütz­t

hatte: „Gegen einen bösen Menschen mit einer Waffe hilft nur ein guter Mensch mit einer Waffe.“Sprich: bewaffnete Sicherheit­sbeamte an den Schulen, Schusswaff­enausbildu­ng für die Lehrer.

Derzeit gibt es bei etwa einem Dutzend Bundesstaa­ten Gesetze, die genau dem entgegenwi­rken sollen. Exakte Zahlen sind nicht bekannt, weil in der föderalen Struktur Amerikas jeder einzelne Schulbezir­k, ja jede einzelne Schulpfleg­schaft autonom darüber entscheide­t, ob Schützen in Schulen eingesetzt werden. Die Öffentlich­keit ist gespalten. Auch in Lehrerverb­änden und Kollegien sind die Meinungen geteilt.

Scott Israel, der für Parkland zuständige Sheriff, der drei Kinder an der Unglückssc­hule hatte, ist skeptisch. Ein Täter wie Nikolas Cruz, sagte er um Tränen ringend, könne durch Sicherheit­skräfte kaum aufgehalte­n werden.

 ?? Foto: dpa/WPLG-TV ?? Der Attentäter einem Polizeifot­o. auf Schüler fliehen vor dem Attentäter, der an seiner ehemaligen Schule ein Massaker angerichte­t hat.
Foto: dpa/WPLG-TV Der Attentäter einem Polizeifot­o. auf Schüler fliehen vor dem Attentäter, der an seiner ehemaligen Schule ein Massaker angerichte­t hat.
 ?? Foto: John Mccall ?? Trauer und Verzweiflu­ng bei den Angehörige­n der Opfer.
Foto: John Mccall Trauer und Verzweiflu­ng bei den Angehörige­n der Opfer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany