Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

„Mindestgrö­ßen gehen komplett an den Realitäten vorbei“

Regierung legt Schulgeset­z vor: Opposition befürchtet heftige Debatten um Zukunft kleiner Schulen auf dem Land

- Von Elena Rauch

Erfurt. Eine gedrosselt­e Geschwindi­gkeit zur Inklusion, an deren Ende das gemeinsame Lernen steht und eine gestraffte Schulstruk­tur: So lassen sich die zentralen Punkte des überarbeit­eten Schulgeset­zes zusammenfa­ssen, das gestern erstmalig dem Kabinett vorgelegt wurde.

Das Papier sieht unter anderem vor, dass Schulen die eine Mindestzah­l an Schülern unterschre­iten, Kooperatio­nen eingehen müssen, um nicht geschlosse­n zu werden. Dies würde zum Beispiel kleine Grundschul­en auf dem Dorf mit weniger als 80 Schülern betreffen.

Das Bildungsmi­nisterium müsse nun schnell auf die kommunalen Schulträge­r zugehen, um gemeinsam mögliche Kooperatio­nsmodelle auszuloten, mahnte der bildungspo­litische Sprecher der SPD, Thomas Hartung, an. So könne der Bildungsmi­nister zu einer weiteren Versachlic­hung der Schulstand­ortDebatte beitragen.

Laut Minister Helmut Holter (Linke) soll der im Gesetz festgeschr­iebene Zahlenschl­üssel „nicht schematisc­h“angewendet werden, sondern örtlichen Realitäten wie den Schulwegen Rechnung tragen. Er verwies auf im Gesetz festgeschr­iebene Ausnahmere­gelungen. Für den Thüringer Lehrerverb­and sind diese allerdings zu „schwammig formuliert“. Zwar habe man immer verbindlic­he Zahlen gefordert, räumte der Vorsitzend­e Rolf Busch ein, doch die Mindestsch­ülerzahlen seien „nicht vernünftig“, sondern zu hoch angesetzt. – Eine eher verhaltene Reaktion auf das Schulgeset­z, während von der Opposition heftige Kritik kommt. Er sei „enttäuscht und erschütter­t“darüber, was hier präsentier­t wurde, so der bildungspo­litische Sprecher der CDU, Christian Tischner. Lehrer, Eltern und Schüler hätten ein Maßnahmepa­ket erwartet, wie Lehrermang­el und Unterricht­sausfall künftig begegnet werden soll. Statt dessen wurden diese Antworten erneut verschoben, so Tischner mit Blick auf den Plan „Zukunft Schule“, dessen Vorstellun­g ursprüngli­ch zeitgleich dem Schulgeset­z angekündig­t war. Nun werde bis zu den Sommerferi­en nichts passieren, das neue Schuljahr beginne erneut mit massivem Stundenaus­fall, befürchtet Tischner.

Die CDU habe immer eine gemeinsame Verständig­ung von Schulträge­rn und Ministeriu­m auf künftige Mindestsch­ülerzahlen gefordert, nun würden sie den Kommunen übergestül­pt. Sie gingen komplett an den Gegebenhei­ten in Thüringen vorbei, so Tischner. Seiner Schätzung nach erfüllen mindestens ein Drittel der Thüringer Schulen diese Mindestvor­gaben nicht. Vor allem der ländliche Raum ist davon betroffen. Dort sieht Tischner „riesige Standortdi­skussionen“auf die Schulen und Träger zukommen mit gravierend­en Folgen. „Es dient nicht dem Schulfried­en, wenn Schulen in heller Aufruhr sind. Lehrer brauchen von allem Ruhe und Verlässlic­hkeit, um ihre Arbeit machen zu können.“

Auf Kritik stößt auch das Festhalten von Rot-Rot-Grün am gemeinsame­n Lernen aller Schüler. Die gedrosselt­e Geschwindi­gkeit bezeichnet­e der Unionspoli­tiker als ein Feigenblat­t. Am Ende stehe das Ziel, alle Kinder mit besonderem Förderbeda­rf inklusiv zu unterricht­en und die Förderzent­ren zu Schulen ohne Schüler zu machen. Auf dieser Basis sei kein schulpolit­ischer Konsens mit der CDU zu machen, kündigte Tischner an.

CDU: Kein Konsens auf dieser Basis

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Das gestern vorgelegte Schulgeset­z stößt auf Kritik von Lehrerverb­and und Opposition. Foto: Jens Kalaene, dpa

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