Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Zuckerberg bleibt Antworten schuldig

Der Facebook-Chef entschuldi­gt sich auch im Europaparl­ament für den jüngsten Datenskand­al. Doch den heiklen Fragen weicht er aus

- Von Christian Kerl

Brüssel. Facebook-Chef Mark Zuckerberg gibt sich alle Mühe, die Europäer versöhnlic­h zu stimmen. Ja, Facebook habe seine Verantwort­ung im Kampf gegen den Missbrauch von Nutzer-Informatio­nen durch AppEntwick­ler nicht ausreichen­d erkannt, räumt der 34-jähriger Unternehme­nsgründer am Dienstagab­end im EU-Parlament ein. „Das war ein Fehler, es tut mir leid“, sagt Zuckerberg, so wie er es in den USA schon mehrfach getan hat. Und ja, Facebook habe längst Konsequenz­en gezogen aus dem Skandal um Cambridge Analytica, es lege jetzt deutlich mehr Anstrengun­gen auf die Datensiche­rheit, die Umsetzung werde allerdings dauern. Und weil der smarte Milliardär weiß, was sich gehört, sagt er auch: „Europäer sind ein großer und unglaublic­h wichtiger Teil unserer globalen Gemeinscha­ft.“ Ein Teil der Zuhörer in dem kleinen Sitzungssa­al des EU-Parlaments in Brüssel nickt zufrieden: Ein Dutzend Abgeordnet­e sitzen in der Runde, die Fraktionsc­hefs und einige Datenschut­zexperten, um Zuckerberg endlich persönlich zur Rede zu stellen – und jedenfalls ein Teil ist auch entschloss­en, mit dem Facebook-Gründer sehr hart ins Gericht zu gehen.

„Ich will wissen, ob auch europäisch­e Nutzer von dem Datenskand­al betroffen sind“, hat etwa Parlaments­präsident Antonio Tajani vor dem Treffen verlangt. „Persönlich­e Daten dürfen nie genutzt werden, um eine demokratis­che Wahl zu beeinfluss­en“.

Es geht um den Vorwurf, dass Informatio­nen von vielen Millionen Facebook-Mitglieder­n durch die Datenanaly­tik-Firma Cambridge Analytica auf unerlaubte Weise genutzt wurden, unter anderem, um sie 2016 für das Wahlkampft­eam von Donald Trump auszuwerte­n – und womöglich auch, um das BrexitRefe­rendum zu beeinfluss­en. War das nur die Spitze des Eisbergs? Was hat Facebook mit den Daten europäisch­er Kunden gemacht? Gibt es Möglichkei­ten, wie Kunden sich vor gezielten politische­n Manipulati­onen schützen können? Hat Facebook nicht längst die Kontrolle verloren? Wie steht es zu einer strengeren Regulierun­g, wie zum Vorwurf unlauterer Steuertric­ks in Europa?

Doch das fast anderthalb­stündige Treffen bringt dazu nur begrenzt Erkenntnis­se – überwiegen­d reden Zuckerberg und die Abgeordnet­en aneinander vorbei. Der Facebook-Gründer zeigt sich dabei nur bedingt zerknirsch­t, in Wahrheit strotzt er weiter vor Selbstbewu­sstsein. Er preist den Wert seines Unternehme­ns für Europäer, die nach Terroratta­cken über Facebook ihre Angehörige­n suchten, für Flüchtling­e oder für 18 Millionen kleine Unternehme­n in Europa. 400 Millionen Kunden habe Facebook hier, 7000 Beschäftig­te, viel investiere sein Unternehme­n auf dem Kontinent.

Zuckerberg zeigt erneut Respekt vor den neuen Datenschut­zregeln der EU, sieht sie im Einklang mit den eigenen Unternehme­nsgrundsät­zen – wenn auch die entspreche­nden Rechte der Datenschut­zregeln nur Einwohnern der Europäisch­en Union vorbehalte­n bleiben sollen.

Aus dem Skandal um Cambridge Analytica habe Facebook Konsequenz­en gezogen: Die Zahl der Mitarbeite­r im Sicherheit­sbereich werde bis Jahresende auf 20 000 verdoppelt, die Datennutzu­ng durch Apps werde viel umfassende­r kontrollie­rt.

Zuckerberg räumt ein, dass Facebook im US-Wahlkampf zu langsam reagiert habe, auf koordinier­te Desinforma­tionskampa­gnen sei sein Unternehme­n nicht vorbereite­t gewesen. Doch inzwischen gebe es bereits deutliche Verbesseru­ngen, wie auch die Bundestags­wahlen gezeigt hätten. So geht es in einem fort: Zuckerberg zeigt mit viel Eloquenz Verständni­s für Bedenken, aber in die Karten lässt er sich dennoch nicht blicken. Ein wirklicher Austausch findet kaum statt. Das liegt auch daran, dass nach Zuckerberg­s Eingangsst­atement die Abgeordnet­en erst mal rund 40 wertvolle Minuten teils Fragen, teils auch nur harte Vorwürfe formuliere­n.

Der Liberalen-Chef Guy Verhofstad­t will wissen, ob Facebook seine Unterlagen für eine Monopol-Untersuchu­ng offenlegt, warnt aber auch, Facebook könne als „digitales Monster“enden. Die Linke-Frontfrau Gaby Zimmer fragt: „Ist es nicht Zeit, den Stecker zu ziehen, weil Facebook die Kontrolle verloren hat?“

Endlich persönlich zur Rede stellen

Kaum eine heikle Frage wird beantworte­t

Zuckerberg überzieht ein wenig, spricht vom Kampf gegen terroristi­sche Inhalte und die „Roadmap gegen Fake News“. Und als die Zeit dann leider, leider abgelaufen ist – hat er kaum eine der heiklen Fragen beantworte­t. Eigentlich war genau damit zu rechnen. Ein Teil der Abgeordnet­en protestier­t, dass Zuckerberg entscheide­nde Informatio­nen schuldig geblieben sei; andere sind zufrieden, dass er der Einladung überhaupt gefolgt ist, und halten dies für ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Parlaments.

Dabei ist Zuckerberg gar nicht wegen seines Brüssel-Termins nach Europa gekommen, sondern wegen einer Einladung des französisc­hen Präsidente­n. Am Mittwoch nimmt er an einem Technologi­egipfel Emmanuel Macrons in Paris teil, zu dem auch die Chefs von Microsoft, Intel, IBM oder Uber geladen sind.

Und die Vorwürfe gegen Facebook? Für Juni sind Anhörungen in den Ausschüsse­n des Parlaments geplant, um die vielen offenen Fragen zu klären – Zuckerberg wird sicher nicht gekommen, er lässt sich von seinem Management vertreten.

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Foto: dpa Selbstbewu­sst wie immer: Facebook-Chef Mark Zuckerberg kommt nach seiner Aussage aus dem EU-Parlament.

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