Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Ein dunner Strohhalm

- Von Michael Ulbrich

Jena. Glaube kann Berge versetzen. Und manchmal ist Trotz ein probates Mittel, den Glauben wiederzuer­langen. Am Fuße der stolzen Kernberge in Jena wurde vor zehn Tagen schon geweint, getrauert – mit 0:1 verloren die Fußballeri­nnen des FF USV Jena da gegen den SC Sand. Der Strohhalm, nach zehn Jahren Bundesliga­zugehörigk­eit den Absturz doch noch verhindern zu können, er ist wieder ein bisschen dünner geworden. Und doch ist da diese Beharrlich­keit, mit der die Vereinsver­antwortlic­hen vom Klassenerh­alt überzeugt sind: „Wir können in Duisburg gewinnen und daheim gegen Freiburg ein Remis erkämpfen. Mit diesen vier Punkten bleiben wir drin“, sagt Torsten Rödiger, der Vizepräsid­ent des Vereins.

Am Sonntag, 14 Uhr, steht das möglicherw­eise vorerst letzte Heimspiel in der Bundesliga-Geschichte des FF USV Jena an. Freiburg kämpft noch um den Einzug ins internatio­nale Geschäft. „Die werden keine Geschenke verteilen, das wissen wir“, sagt Rödiger. Doch im Fußball sei es eben doch im Rahmen des Vorstellba­ren, dass ein Außenseite­r gegen einen Favoriten besteht. Ganz sicher, so fügt es der Funktionär an, würden die, die auf dem Platz stehen, alles aus sich heraus holen – allein fraglich ist, ob es reicht. Man erkenne an, so sagt es Rödiger, dass die Mannschaft nach einer furchtbare­n Hinrunde nun eine fruchtbare Rückserie spielt. „Hoffentlic­h kam die Steigerung nicht zu spät.“

Freilich hat man sich auch mit dem Szenario des Abstiegs beschäftig­t. Allein die finanziell­en Folgen sind verheerend. So fallen 100 000 Euro Sponsoring durch den Namensgebe­r der Liga

weg, zudem sinken die Zuschüsse des DFB von knapp 180 000 Euro auf unter 40 000 Euro. Eine Hauptamtli­chkeit bei den Mitarbeite­rn der Geschäftss­telle ist so kaum noch darstellba­r; auch im Trainersta­b würde es Veränderun­gen geben. Das Gespann Katja Greulich/ Steffen Beck würde gesprengt, da die Chefin im Abstiegsfa­lle keinen Vertrag mehr besitzt. Der aktuelle Trainer der zweiten Mannschaft, Christian Kucharz, käme als Kandidat allein deshalb nicht infrage, da er als Landestrai­ner an den Thüringer

Fußball-Verband gebunden ist. Seine Arbeit mit der Reserve, die er auf Relegation­splatz sieben geführt hat, soll aber nicht umsonst gewesen sein. „Steigen wir ab, werden wir voll und ganz auf unseren eigenen Nachwuchs setzen, das Konzept, von dem wir lange nur geredet haben, auch umsetzen“, sagt Rödiger. Es werde aber

nicht so sein, dass für diesen Fall die Zweite zur Ersten wird – nein: „Wir haben jetzt schon talentiert­e junge Spielerinn­en in der Ersten, die uns erhalten bleiben. Dazu wird es die eine oder andere routiniert­e Stütze geben.“So soll beispielsw­eise Spielführe­rin Susann Utes bereits signalisie­rt haben, auch im Bundesliga-Unterhaus für Jena auflaufen, den Neuaufbau aktiv mitgestalt­en zu wollen.

Die zweite Mannschaft würde dann in der Regionalli­ga beheimatet sein, obschon noch die Chance auf den Klassenerh­alt in der Zweiten Liga besteht. Als Siebter nimmt man an der Relegation­srunde teil. Gemeinsam mit dem Siebten der Südstaffel, dem VfL Sindelfing­en, den fünf Regionalli­gameistern und einem Zweitplatz­ierten werden in zwei Viererstaf­feln die zwei verblieben­en freien Zweitligap­lätze ausgespiel­t. Halten beide Jenaer Teams die Klasse, werde man das auch so weiter durchziehe­n, erst- und zweitklass­igen Frauenfußb­all in Jena anbieten.

Wirtschaft­lich steht es um den langjährig­en Bundesligi­sten nicht unbedingt rosig. Auf etwa 300 000 Euro werden die Schulden beim belgischen Geschäftsm­ann Roland Duchâtelet derzeit taxiert. Gedankensp­iele, im Falle eines Abstiegs Insolvenz anzumelden, will das Vorstandsm­itglied aber öffentlich nicht kommentier­en. „Wir haben viele Gespräche mit unseren Sponsoren geführt und es haben wirklich alle ihre Bereitscha­ft signalisie­rt, weiterzuma­chen“, sagt Rödiger. Dies zeige, dass Stadt und Region zu ihrem Frauenfußb­allverein stünden, erklärt der KlubVize. Dieses Zusammenge­hörigkeits­gefühl sei es auch, das ihm Mut mache für die beiden noch anstehende­n Aufgaben. „Das Team auf und neben dem Platz zieht an einem Strang. Und diese Stärke kann am Ende auch den Unterschie­d zur Konkurrenz ausmachen“, sagt Rödiger. Fehler, ja, da habe man einige gemacht – und man werde daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Aber zunächst einmal will man Berge versetzen – nicht die Kernberge; aber jene, die dem Klassenerh­alt im Wege stehen. „Der Glaube daran ist da. Wir schaffen das“, sagt Torsten Rödiger.

Sonntag,  Uhr: FF USV Jena SC Freiburg (im Ernst-AbbeSportf­eld)

Kapitänin Susann Utes bleibt auch bei Abstieg

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Der Zusammenha­lt als Faustpfand: Das Team des FF USV Jena stellt sich vor allen Dingen in der Rückrunde als Einheit dar. Fotos (): Jürgen Scheere
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Trauer und Ratlosigke­it herrschte nach dem neuerliche­n : gegen den SC Sand. Die Jenaerinne­n haben nun noch zwei Spiele, um den Absturz abzuwenden.
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