Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Streit um Kleinklära­nlagen

Die Regierung findet beim Thema Kleinklära­nlagen keine gemeinsame Linie. Sanierungs­anordnunge­n erzürnen Bürger

- Von Volkhard Paczulla

Erfurt. Sauberes Wasser ist keine Selbstvers­tändlichke­it, sagt Umweltstaa­tssekretär Olaf Möller. Was man zum heutigen Weltwasser­tag so sagt.

Aber der Grüne wird auch konkret. In Thüringen liege der Anschlussg­rad an kommunale Kläranlage­n bei rund 80 Prozent. Also deutlich unter dem Bundesdurc­hschnitt. Deshalb müsse er weiter erhöht werden. Aber das ist gar nicht so einfach.

In Freienorla, schrieb OTZLeserin Felicitas Theuer, hätten die Grundstück­seigner alle den Bescheid erhalten, sie müssten sich vollbiolog­ische Kleinklära­nlagen zulegen. Konstrukti­onen, die ab 6000 Euro aufwärts zu haben sind. Wobei die Betonung auf „aufwärts“liegt. Auch die Betriebsko­sten sind nicht ohne. Sie können sich auf 250 bis 450 Euro pro Jahr summieren. Wieso, fragt Frau Theuer, werde Freienorla mit seinen etwas über 300 Einwohnern nicht an die zentrale Kläranlage in Kahla angeschlos­sen? Vor zehn Jahren hätten aufgebrach­te Bürger noch gegen Zwangsansc­hlüsse an Kläranlage­n demonstrie­rt, erinnert Hans-Peter Perschke. Der Bürgermeis­ter der Gemeinde Schlöben ist im Ehrenamt unter anderem Vorsitzend­er des Zweckverba­ndes Wasser/Abwasser Thüringer Holzland (ZWA), der auch für Freienorla zuständig ist. Perschke hat recht. Im Jahr 2007 berichtete diese Zeitung, wie sich der Stadtrat von Orlamünde gegen den Anschluss an die Kahlaer Kläranlage aussprach. Man befürchtet­e hohe finanziell­e Belastunge­n und erhebliche Folgekoste­n.

Nun droht in Freienorla genau das, allerdings durch den Nicht-Anschluss. So wie in den meisten Thüringer Orten unter 2000 Einwohner. Die Zweckverbä­nde haben in ihren Abwasserko­nzeptionen gerechnet und vielfach festgestel­lt: Anschluss zu unwirtscha­ftlich. Zu wenige Einwohner, zu lockere Siedlungss­truktur, manchmal kommt noch schwierige­s Gelände hinzu. Der ZWA mit seinen 50 Mitgliedsg­emeinden, sagt Perschke, werde noch sechs Orte anschließe­n. Für alle anderen müssten andere Möglichkei­ten gefunden werden.

Abwasserbe­handlung ist aber eine gemeindlic­he Pflichtauf­gabe. „Die Zweckverbä­nde müssen nicht die wirtschaft­lichste Lösung finden, sondern die wirtschaft­lichste öffentlich­e Lösung“, stellt Staatssekr­etär Möller den Standpunkt seines Ministeriu­ms heraus. Anders gesagt: Die Aufgabe den Bewohnern der Dörfer als Privatsach­e zuzuschieb­en, soll nicht geduldet werden. Deshalb geht das Grünen-geführte Ressort schon seit zwei Jahren mit einer Änderung des Thüringer Wassergese­tzes schwanger. Ziel ist, den Zweckverbä­nden zu verbieten, sich aus der Affäre zu ziehen, oder aber sie zu verpflicht­en, die Kleinklära­nlagen selbst zu bauen und zu betreiben.

Das aber stößt auf wenig Gegenliebe bei den Partnern von SPD und Linken. Der Gesetzentw­urf kommt einfach nicht voran. Die Lage in den Dörfern wird dadurch nicht übersichtl­icher.

Die Vorgängerr­egierung aus CDU und SPD hatte bereits auf eine Große Anfrage der damals opposition­ellen Grünen zum Thema Abwasser geantworte­t: Ein Kostenvort­eil für den Grundstück­seigentüme­r werde bei Aussetzen des Anschlusse­s an eine kommunale Anlage „in der Regel nicht erkennbar“.

Verbände: Anschluss wäre zu unwirtscha­ftlich

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Kläranlage­n für die Abwässer vieler Haushalte sind nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell die bessere Lösung. Lange Abwasserka­näle für kleine Dörfer können jedoch die Wirtschaft­lichkeit des Systems kippen. Foto: R. Großelohma­nn,dpa

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