Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Angst vor Russland ist nachvollziehbar
Zum Leserbrief „Zum Einsatz der Geraer Soldaten in Litauen“(OTZ, 11.3.2017).
Ich pflichte der Leserbriefschreiberin dahingehend bei, dass sie aus historischen Gründen den Einsatz deutscher Truppen im Baltikum als bedenklich einstuft. Auch die Osterweiterung der Nato bis ins Baltikum war sicher 1989/90 im Rahmen der Gespräche zur deutschen Wiedervereinigung mit Michail Gorbatschow nicht vereinbart worden. Aber der Aussage, dass Polen und das Baltikum keine Angst vor Russland haben müssten, da es doch bisher immer alle Verträge eingehalten habe, möchte ich widersprechen.
Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass Estland im Rahmen des großen nordischen Krieges 1710 von Russland annektiert wurde, dass Polen in drei Teilungen 1772, 1793 und 1795 von Russland, ÖsterreichUngarn und Preußen restlos aufgeteilt wurde und dass Litauen, das bis dahin mit Polen einen Staatenbund bildete, und Lettland 1795 im Rahmen der dritten polnischen Teilung von Russland annektiert wurden.
Diese vier Staaten tauchten erst 1918 mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk wieder als souveräne Staaten auf Europas Landkarte auf. Der HitlerStalin-Pakt von 1939 führte zur erneuten Teilung Polens und zur Annexion der drei baltischen Staaten durch die Sowjetunion 1940. Die baltischen Staaten wurden erst 1990 unter Gorbatschow wieder in die Unabhängigkeit entlassen.
Aus dieser historischen Entwicklung erklärt sich die Angst dieser Länder vor ihrem östlichen Nachbarn, zumal das heutige Russland unter Putin mit der damaligen Sowjetunion unter Gorbatschow in seiner Außenpolitik nicht mehr identisch ist.
Das müsste spätestens seit den Ereignissen in der Ukraine und insbesondere auf der Krim jedem klar sein. (gekürzt)
Edgar Becker, Jena Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, Texte zu kürzen. Leserbriefe per E-Mail senden Sie bitte an leserbrief@otz.de