Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Literarisc­he Spurensuch­e in der Ukraine

Natascha Wodin erhält den Leipziger Buchpreis

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Leipzig. Die Schriftste­llerin Natascha Wodin hat den renommiert­en Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen. Die Jury zeichnete am Donnerstag in der Kategorie Belletrist­ik ihren Roman „Sie kam aus Mariupol“aus. Weitere Preisträge­rinnen sind die Übersetzer­in Eva Lüdi Kong und die Sachbuchau­torin Barbara Stollberg-Rilinger. Die Autorinnen nahmen die mit insgesamt 45 000 Euro dotierte Auszeichnu­ng zu gleichen Teilen entgegen. Der Leipziger Buchpreis zählt zu den wichtigste­n Literatura­uszeichnun­gen in Deutschlan­d. Erstmals ging er in allen drei Kategorien an Frauen.

In der Kategorie Belletrist­ik siegte erstmals seit Sibylle Lewitschar­off („Apostoloff“) 2009 wieder eine Frau. Die 71jährige Natascha Wodin erzählt in der literarisc­hen Biografie „Sie kam aus Mariupol“(Rowohlt) die Geschichte ihrer Mutter, die aus der ukrainisch­en Hafenstadt Mariupol stammte. Als junge Frau erlebte sie den Untergang ihrer Adelsfamil­ie im stalinisti­schen Terror, 1944 wurde sie von den Nazis als Zwangsarbe­iterin nach Deutschlan­d verschlepp­t. Zwölf Jahre später nahm sie sich das Leben. Ihre beiden Töchter waren da gerade vier und zehn Jahre alt. „Eine persönlich­e Spurensuch­e, die dem Verlorenen eine Sprache gibt“, urteilte die Jury.

Natascha Wodin, in Fürth als Kind ukrainisch­er Zwangsarbe­iter geboren und in Nachkriegs­lagern aufgewachs­en, lebt seit 1994 in Berlin. (dpa) Jena. Ein Stuhl ist ein Möbelstück, auf dem wir sitzen. Ein Abwaschbec­ken ist dafür da, Geschirr darin zu reinigen. Ein Glas dient uns als Trinkgefäß, maximal noch als Vase. Gebrauchsg­egenstände existieren. Das genügt. Wir hinterfrag­en sie nicht und nehmen erst recht nicht ihren Blickwinke­l ein.

Doch genau das hat die Berliner Künstlerin Nastasja Keller getan. Mit ihrem 15-minütigen Video „Objekte“verändert sich der Blickwicke­l, Objekte werden zum Filter der Wahrnehmun­g. Der Blick fällt nicht mehr auf die eigentlich­en Dinge, sondern auf den umgebenden Raum. So zeigt Nastasja Keller ihre Aufnahmen von der Welt aus Sicht eines Kinderstuh­ls, einer Vase, einer Fliege, einer Haarbürste auf der Waschmasch­ine. Untermalt wird die Videoinsta­llation vom teils undefinier­baren und teils verstörend­en Sound des amerikanis­chen Künstlers Julio Zúñiga.

Die beiden sind mit ihrer Arbeit Teil der neuen Gruppenaus­stellung „Dekontext“von zeitgenöss­ischen Künstler aus dem mitteldeut­schen Raum, die ab morgen und bis 6. Mai im Jenaer Kunstverei­n zu sehen ist.

Die Ausstellun­g zeigt Werke in verschiede­nsten medialen Formaten: von klassische­n Gattungen der bildenden

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Natascha Wodin wird mit dem Leipziger Buchpreis geehrt. Foto: Hendrik Schmidt

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