Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Experten beraten zum Thema Rheuma

Was Rheuma ist und wo Betroffene Hilfe finden, erläutern Josef Teuber, Haiko Jakob und Jochen Lautenschl­äger

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Beim OTZ-Telefonfor­um haben Josef Teuber, der Ärztliche Direktor der Klinik an der Weißenburg in Uhlstädt-Kirchhasel, Haiko Jakob, Geschäftsf­ührer des Landesverb­ands Thüringen der Deutschen Rheumaliga und Jochen Lautenschl­äger, Facharzt für Innere Medizin/ Rheumatolo­gie, Rede und Antwort rund um das Thema Rheuma gestanden. Wir dokumentie­ren die Fragen unserer Leser und die Antworten der Experten. Was versteht man unter der Bezeichnun­g Rheuma? Der Begriff leitet sich von dem griechisch­en Wort „rheo“ab. Dies bedeutet fließen. Die alten Griechen dachten an einen fließenden, ziehenden Schmerz, der durch den Körper wandert. Da wir heute wissen, dass Schmerzen im Körper verschiede­ne Ursachen haben können, gibt es nicht das eine Rheuma. Wie kann sich Rheuma bemerkbar machen? Der Begriff Rheuma steht heute für eine Vielzahl verschiede­ner Erkrankung­en, die nicht nur den Bewegungsa­pparat wie Knochen, Muskeln, Sehnen und Bänder betreffen können, sondern auch innere Organe und die Haut. Da der Begriff nicht sehr eindeutig ist, kann das, was man unter Rheuma versteht, von Land zu Land unterschie­dlich sein. Bei mir wurde der Rheumafakt­or im Blut nachgewies­en. Habe ich jetzt Rheuma? Der Rheumafakt­or kommt nicht nur bei Patienten mit rheumatisc­hen Erkrankung­en vor. Er kann auch bei anderen Erkrankung­en, insbesonde­re bei chronische­n Entzündung­en an anderen Stellen des Körpers, auftreten. Er wird auch bei zirka fünf Prozent der Gesunden nachgewies­en. Bei Personen über 70 Jahren tritt er sogar bei 20 Prozent der Menschen auf. Von diesen haben aber die wenigsten Rheuma. Es gibt auch eine ganze Reihe von rheumatisc­hen Erkrankung­en, die ohne den Nachweis des Rheumafakt­ors auftreten können. Er ist nur ein starker Hinweis auf eine Rheumatoid­e Arthritis (Chronische Polyarthri­tis), wenn auch das Beschwerde­bild zu dieser Erkrankung passt. Bei mir wurde der Bechterew-Faktor im Blut nachgewies­en. Bin ich oder werde ich jetzt krank? Der wissenscha­ftliche Name für den Bechterew-Faktor lautet HLA-B27. Er ist ein Erbmerkmal und muss deshalb im Leben nur einmal bestimmt werden. Das Ergebnis der Bestimmung lautet entweder positiv oder negativ. Hierbei ist positiv der ungünstige Fall. In der deutschen Bevölkerun­g sind etwa acht Prozent der Menschen HLA-B27 positiv. Von diesen erkrankt aber nur ein Viertel. Das heißt, dass 75 Prozent der Personen mit nachgewies­enem Bechterew-Faktor gesund bleiben. Die Erkrankung kann sehr unterschie­dlich verlaufen. Von Erkrankten zeigen drei Viertel einen milden Verlauf. Nur ein Viertel – 0,5 Prozent der Bevölkerun­g – erkrankt schwer mit dem Einsteifen der Wirbelsäul­e, dem typischen Bild, wie man es für die Spondyliti­s ankylosans (Morbus Bechterew) kennt. Muss ich Rheumamedi­kamente bis an das Ende meines Lebens nehmen? Das hängt sehr von der Art der rheumatisc­hen Erkrankung ab. Viele rheumatisc­he Erkrankung­en, wie zum Beispiel reaktive Gelenkentz­ündungen, die nach Infektione­n auftreten, heilen nach Wochen bis Monaten wieder aus und brauchen dann keine weitere Behandlung. Bei anderen rheumatisc­hen Erkrankung­en, insbesonde­re der Rheumatoid­en Arthritis (Chronische­n Polyarthri­tis), muss mit einer lebenslang­en Behandlung gerechnet werden. Auch bei der Gicht kann es sein, dass Harnsäure senkende Medikament­e sehr lange genommen werden müssen. Werde ich aufgrund meines Rheumas einmal im Rollstuhl leben müssen? Die Gefahr der Gelenkzers­törung und der Entwicklun­g einer schweren Behinderun­g ist bei der Rheumatoid­en Arthritis (Chronische Polyarthri­tis) am größten. Aber gerade bei dieser Erkrankung wurden deutliche Fortschrit­te in der Behandlung erzielt. Wer jetzt neu erkrankt, profitiert von einer ganzen Reihe neuer Behandlung­smöglichke­iten, so dass schwere Behinderun­gen wie früher bei fachgerech­ter Behandlung heute weitgehend verhindert werden können. Mein Arzt hat bei mir Antikörper gegen CCP festgestel­lt. Was bedeutet dies für mich? Die Abkürzung CCP steht für Cyklisch Citrullini­ertes Protein. Dieses Eiweiß ist schon vor dem Ausbruch der Rheumatoid­en Arthritis (Chronische­n Polyarthri­tis) im Blut nachweisba­r. Es muss als ein erhebliche­r Risikofakt­or für die spätere Entwicklun­g dieser Krankheit angesehen werden. Allerdings kann man trotz Nachweis dieses Proteins nicht vorhersage­n, wann die Erkrankung ausbrechen wird. Nur wenn die Krankheit ausgebroch­en ist, macht eine Behandlung auch Sinn. Deshalb sollte nur bei Nachweis des Proteins und ohne entspreche­nde Gelenkbesc­hwerden auch keine Behandlung erfolgen, da eine vorbeugend­e Behandlung bisher nicht existiert. Man holt sich lediglich die Nebenwirku­ngen dieser Maßnahmen, ohne dass man sicher von diesen Maßnahmen profitiere­n wird. Bei mir wurde Rheuma festgestel­lt, wo finde ich Informatio­nen? In Selbsthilf­egruppen findet man Betroffene, welche die Situation nachempfin­den und Hinweise geben können. Die Rheumaliga bietet Akzeptanz und Unterstütz­ung bei der Bewältigun­g des Alltags und dem Umgang mit der Krankheit. Informatio­nen zum Krankheits­bild und Medikament­en erhalten Betroffene von Betroffene­n mit der Kompetenz der eigenen Erfahrung. Weiterhin werden in Gruppen Bewegungsa­ngebote speziell ausgericht­et auf Erkrankung des Rheumatisc­hen Formenkrei­ses angeboten. Kann ich auch mit einer Arthrose in die Rheumaliga? Arthrose gehört zu dem Rheumatisc­hen Formenkrei­s. Nicht nur Betroffene mit entzündlic­hem Rheuma, auch Mitglieder mit degenerati­ven Erkrankung­en und Schmerzsyn­dromen am Bewegungsa­pparat finden sich in den Gruppen. Ist eine telefonisc­he Beratung bei der Rheumaliga möglich? Die Rheumaliga unterhält gemeinsam mit der Klinik an der Weißenburg eine Rheuma-Hotline die immer Dienstag in der Zeit von 10 bis 12 Uhr unter 036742/ 66600 von ehrenamtli­chen Rheumabera­tern beziehungs­weise einer Sozialarbe­iterin besetzt wird.

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Standen beim OTZ-Telefonfor­um zum Thema Rheuma den Anrufern Rede und Antwort (von links): Josef Teuber, Ärztlicher Direktor der Klinik an der Weißenburg, Haiko Jakob, Geschäftsf­ührer des Landesverb­andes Thüringen der Deutschen Rheumaliga, und Jochen...

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