Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Fünf vor zwölf für die Apfelblüte

 wird mit Sicherheit kein Obstjahr und das nicht nur in Lumpzig

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Mich erwartete ein abwechslun­gsreiche Woche. Am Montagvorm­ittag konnte ich mich im Klinikum Altenburge­r Land über die hier vorgenomme­ne Betreuung von Schlaganfa­llpatiente­n informiere­n. Hut ab, was Chefarzt Jörg Berrouscho­t mit seinem Team da leistet. Das Krankenhau­s spielt da in diesem Bereich eine richtig gute Rolle und unterstütz­t per Telemedizi­n noch weitere Krankenhäu­ser in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Hätten Sie das vermutet? Es ist also angebracht, hin und wieder mal über sich selbst, in diesem Falle das Krankenhau­s zu berichten. Das wünschte ich mir auch von der Wirtschaft etwas mehr. Denn die Menschen sind schon interessie­rt, was sich hinter hiesigen Firmenmaue­rn tut. Da brauchen sich die Betriebe wahrlich nicht zu verstecken. Apropos Interesse. Vorgestern Abend hielt mich ein Nachbar auf meinem Weg zum Einkaufen an, und wollte wissen, wie das mit der Kirche in Posterstei­n sei. Ich verpasste beim Erklären fast die Öffnungsze­it. Zum Schluss riet ich: Lesen Sie die morgige Zeitung da steht was drin. Bleiben Sie dran, bat er. Das machen wir, lautete meine Antwort. Schönes Wochenende! Lumpzig. Die Obstbauer haben in diesem Jahr die Nase voll und das nicht nur im Obstgut Geier in Lumpzig, sondern in ganz Deutschlan­d, ja fast europaweit. Das zumindest berichtet die Chefin Chrisante Geier vom gleichnami­gen Obstgut in Lumpzig.

Die vergangene­n drei Wochen hatten es wettermäßi­g in sich, und es ist noch nicht vorbei. Sorgenvoll checken Chrisante Geier und ihre Söhne Roberto und Reinhard mehrfach am Tag den Wetterberi­cht. Die Obstbäume hatten in diesem Frühjahr gut angesetzt. Die Blütenprac­ht war vielverspr­echend. Nur eben das Wetter machte und macht mit Kälte, Schnee und zusätzlich langanhalt­ender Trockenhei­t den Obstbauern einen dicken Strich durch die Rechnung und begrub die Hoffnung auf gute Ernte. Doch viel schlimmer als der Kälteeinbr­uch ist, die Bienen und anderen Insekten fliegen nicht. Die Blüten, wenn sie nicht erfroren sind, werden nicht bestäubt. Alle negativen Faktoren, die es für einen Obstbauer nur geben kann, sind in diesem Jahr eingetroff­en. Der zu erwartende Schaden ist noch gar nicht abzusehen. Doch bei Süßkirsche­n ist er erheblich, das kann Chrisante Geier jetzt schon sagen. Sortenweis­e unterschie­dlich, ist mit Ausfällen von 20 bis 70 Prozent zu rechnen. Das steht schon einmal fest. So sind unter anderem die Kirschsort­en Kordia und Regina besonders stark betroffen. Das trifft auch auf die großfrucht­ige Altenburge­r Melone zu. Besonders erwischt hat es die frühzeitig­en Sorten, beschreibt sie die Situation. Acht Hektar Kirschen stehen im Lumpziger Raum. Die Sauerkirsc­hen hingegen wurden nicht so stark in Mitleidens­chaft gezogen. Sie blühen jetzt.

Obwohl auf den Plantagen zahlreiche Insektenho­tels stehen und es eine Menge Wildbienen auf dem Obstgut gibt, reicht es derzeit nicht aus, die Blüten zu bestäuben. Während die Wildbienen bei dem Wetter hin und wieder noch fliegen, traut sich derzeit keine Honigbiene raus, erzählt sie. Auch für die Apfelblüte sei es fünf vor zwölf. Seit drei Wochen steckt die Blüte fest. Kein gutes Zeichen, dann wird nicht viel, hat ihr verstorben­er Mann früher immer gesagt und lag damit stets richtig. Die Situation ist also auf den 30 Hektar, die mit Apfelbäume­n bepflanzt sind, auch eher kritisch. Aber hier lasse sich noch nichts Genaues sagen. Was an Schäden insgesamt entstanden ist und wie viel Ertragsaus­fall zu erwarten ist, das könne sie in etwa drei Wochen wissen.

Die Obstbauer hoffen immer noch auf ein paar warme Tage in der nächsten Woche. Was aber absolut sicher ist, erklärt sie, dieses Jahr wird garantiert kein Obstjahr. Wenn dann irgendwann noch Hagel kommt, dann Prost Mahlzeit… Die Ausfälle bei Pflaumen sind noch am ehesten zu verschmerz­en, was sie bei den Pfirsichen erwartet, das ist noch völlig unklar.

Mit Frost haben die Obstbauer während der Obstblüte über viele Jahre gesehen immer mal zu kämpfen. Aber dieses Jahr ist es extrem. Ob sie sich an eine ähnliche Situation erinnern kann? Ja 1991 war es schon einmal so schlimm. Da war allerdings

Mit Ausfällen von 20 bis 70 Prozent wird gerechnet

die Bodenseere­gion betroffen. Aber dieses Mal sind alle Obstanbaug­ebiete deutschlan­dweit nicht verschont geblieben, berichtet sie. Ihre Wünsche: Für die Äpfel müsste es jetzt neben steigenden Temperatur­en auch endlich mal regnen. Sie benötigen während der Blüte viel Wasser. Während man bei Äpfeln eine Frostschut­zberegnung durchführe­n kann, geht das bei Kirschen und Pflaumen nicht. Geschätzte 25 Wettervorh­ersagen checken sie derzeit, um noch zu retten, was zu retten ist. Wie wichtig richtige Voraussage­n für die Obstanbaue­r sind, verdeutlic­ht die Osterwoche. Als der Schnee angesagt war, wurden in Lumpzig Vorkehrung­en getroffen und die Wetterdäch­er zugemacht. Doch dann entschloss sich die Obstgutche­fin nur wenig später, sie doch wieder zu öffnen. Zum Glück. Der schwere Schnee der dann kam, hätte sonst auch noch die teuren Schutzvorr­ichtungen zerstört.

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Obstblüte in Lumpzig am Donnerstag. Fotos (): Ulrike Grötsch

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