Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
In Porstendorf rappelt’s im Karton
Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehmerlandschaft in Ostthüringen prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunliches für die Volkswirtschaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidd
Porstendorf.
Die Kartonfabrik in Porstendorf ist noch eine richtige Fabrik. In der großen Fabrikhalle rappelt‘s im Karton. Große Maschinen bringen eine zünftige Geräuschkulisse, spucken hier und da ein paar Tropfen Wasser und liefern vor allem eins: Karton. 45 000 Tonnen war der Jahresausstoß des vergangenen Jahres. Produziert wird an 24 Stunden pro Tag, 7 Tagen pro Woche.
„Als Erstes müssen Sie bitte die Warnweste anlegen“, sagte Kartonfabrik-Mitarbeiter Thomas Russwurm und führt sodann durch die lange Fabrikhalle mit dem endlosen Produktionsband.
Gegründet wurde die Fabrik in den Jahren 1908/1910. In der Maschinenfabrik Oskar Böttchers entstanden Maschinenund Chromersatzkarton. Die erste Dampfmaschine wurde 1936 eingeschaltet, um den Karton schneller zu trocknen.
An eine Starkdruckpresse, eine Cleaneranlage oder Wärmerückgewinnungstechnik war seinerzeit noch nicht zu denken.
Die Kartonfabrik ist ein familiengeführtes Unternehmen. Der Jahresumsatz beträgt aktuell 24 Millionen Euro. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Die Anlage läuft auf Hochtouren.
„Unser Graukarton wird zu 100 Prozent Altpapier hergestellt“, sagt Russwurm. „Wir beliefern die verarbeitende Industrie.“Gerade dies stelle besondere Anforderungen an das angelieferte Rohmaterial.
Das Altpapier sollte tatsächlich nur aus Altpapier bestehen. Verunreinigungen erhöhen den Aufwand beim Vorsortieren und Reinigen erheblich. Nicht nur die Porstendorfer, sondern auch ihre Zulieferer müssen eine lange Liste von Zertifikaten vorweisen können. Große Industrieunternehmen sowie Marktführer zählen zu den Kunden der Kartonfabrik Porstendorf.
Worauf gründet sich der Erfolg? In aller Bescheidenheit sagt Thomas Russwurm: „Es liegt wohl an der Qualität und dem Service, den wir bieten.“
Ein praktisches Beispiel seien Formate, aus denen Kunden dann Verpackungen für die fleisch- und wurstverarbeitende Industrie herstellen. Sie müssen absolut plan sein, dürfen keine Ecken und Kanten haben, weil sonst eine einwandfreie Verarbeitung nicht möglich ist.
„Ham‘se nicht noch Altpapier …“Die Zeile aus einem Pionierlied ist auf einer Werbetafel zu lesen, die an der Zufahrt zum Betriebsgelände steht. Tatsächlich hat Altpapier einen sehr großen Wert. Aktuell kostet die Tonne um die 150 Euro, der Preis schwankt stark.
Dabei spielen Faktoren wie die Urlaubszeit eine Rolle: Dann werden weniger Zeitungen gelesen und es wird weniger eingekauft, damit gelangt auch weniger Papier in den Stoffkreislauf. Der sommerlichen Papierflaute muss die Kartonfabrik Porstendorf rechtzeitig entgegentreten. Mit eigenen Altpapiercontainern hat die Kartonfabrik gute Erfahrungen gemacht. Es gibt vergleichsweise wenige Fehleinwürfe, und das Papier als Ausgangsmaterial für den Karton kommt kostenlos ins Haus.
Übrigens, wenn Nachbarn ihr Altpapier direkt zur Kartonfabrik Porstendorf bringen möchten, so ist dieses jederzeit willkommen. Rund um die Uhr ist ein Altpapiercontainer für jeden zugänglich, nur größere Mengen sollten angemeldet werden
Deutschland besitzt die größte Papierindustrie auf dem gesamten europäischen Kontinent. Im weltweiten Vergleich liegt die deutsche Papierindustrie an der vierten Stelle hinter den USA, China und Japan.
Ein Problem für viele Exporteure ist es derzeit, ausreichend Frachtkapazitäten auf den Containerschiffen zu bekommen. Da kann es leider passieren, dass eine wichtige Lieferung länger als gewünscht im Überseehafen auf die Verschiffung wartet.
Länger als gewünscht dauert es bisweilen, FacharbeiterNachwuchs zu gewinnen. Fünf Berufe werden derzeit ausgebildet. Das ist eine dreijährige duale Ausbildung mit Unterricht in der Papiermacherschule in Altenburg. Die Kartonfabrik Porstendorf bietet auch Praktika an. Bewerbungen für 2018 beginnen ab dem August 2017.
Ohne Karton wird es auch in 50 Jahren nicht gehen in dieser Welt. Ihn noch ressourcenschonender herzustellen, daran arbeitet die Kartonfabrik in Porstendorf mit. Ein Forschungsprojekt versucht gerade, eine komplett wasserfreie Produktion zu ermöglichen.