Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Gänsehaut auch ohne Spannung

Der Nordhäuser SV ist zum zweiten Mal deutscher Box-Meister. Klarer Erfolg auch im Rückkampf gegen Hertha BSC

- Von Dirk Pille

Nordhausen. Es roch nach Bier, Parfüm und nach Rheuma-Salbe. Weit über eintausend Fans feierten Samstagnac­ht den zweiten Titel für Nordhausen­s Bundesliga-Boxer nach 2015. Nach dem 15:9 in Berlin ließen die Südharzer dem BR Hertha BSC auch beim 14:10 in der Ballspielh­alle keine Chance. „Wir hatten ihnen den Zahn schon im Hinkampf gezogen“, sagte der NSVChefcoa­ch Andreas Dietrich Scherfling, dessen Taktik trotz häufiger Abstellung­en für das deutsche Nationalte­am die ganze Saison aufging. Nur eine Niederlage erlitt der Champion in der Vorrunde in Hannover.

Große Spannung kam beim Rückkampf verständli­cherweise nicht auf. Der Nordhäuser SV brauchte nur zwei Siege, Berlin hatte viele Talente mitgebrach­t, auf fünf der acht Positionen umgestellt. Vier Änderungen gab es auch beim NSV. Eugen Dahinten, Slawa Kerber, der Niederländ­er Peter Mullenberg und Roman Gorst waren neu dabei. „In vielen Gewichtskl­assen haben wir mehrere starke, etwa gleichwert­ige Boxer, so dass wir noch mal wechselten, um auch ihnen einen Finaleinsa­tz zu ermögliche­n“, so Dietrich-Scherfling. Trotzdem gab es Gänsehaut pur für Sportler und Fans.

Die Halle stand schon vor dem ersten Gong. Mit dem Ungarn Balasz Bacskai wurde Nordhausen­s Lieblingsk­ämpfer verabschie­det. Der Ungar boxte seit 2010 noch in der zweiten Liga für den NSV. „Das war eine herrliche Zeit“, sagte der ExEuropame­ister, der nun mit 29 Jahren zu einem ungarische­n Profiboxst­all wechseln wird.

Von den Nordhäuser­n gab es einen riesigen goldenen Handschuh mit Unterschri­ften und einen edlen Nordhäuser Auslese-Korn. „Der Palinka ist für Papa. Ich trinke keinen Alkohol“, meinte Bacskai ganz Sportler.

Der Titel war nach einer halben Stunde schon gewonnen. Erst setzte sich Dias Kuzembaew überrasche­nd sicher gegen den deutschen Nationalma­nnschafts-Athleten Alberto Mustafi durch, dann zog der Niederländ­er Enrico La Cruz seine Box-Show gegen Alen Rahimic ab. Der Titel war gesichert. Danach unterlagen Dahinten und Gorst zwar. Aber Stepan Nikitin revanchier­te sich für die einzige Niederlage im Hinkampf und auch Slawa Kerber mit einem K.o.-Sieg, Mullenberg und NSVKapitän Max Keller – der Trainer seines Gegners warf das Handtuch – demonstrie­rten unter dem Jubel der Nordhäuser Anhänger ihre Klasse.

Danach gab es einen Goldregen, viel Sekt und den Pokal. Einer der Gratulante­n war auch WBO-Profi-Europameis­ter Felix Lamm, dessen Karriere beim Nordhäuser SV begann. Er verteidigt übrigens am 24. Juni seinen Titel in Dresden. „Der Gegner steht noch nicht fest. Aber nach längerer Krankheit bin ich froh, wieder boxen zu können“, sagte Lamm, der bewundert, was der NSV im Amateurbox­en in den letzten Jahren geleistet hat. Zwei Titel und zwei Vizemeiste­rschaften hatten die NSVKämpfer in den letzten vier Jahren erobert. Die Erfolgsser­ie soll fortgesetz­t werden. Kommende Saison wird wahrschein­lich wieder in einer Vierer-Staffel mit Nordhausen, Berlin, Hamburg und Chemnitz um den Titel geboxt. „Aber sicher ist das erst nach der Bundesliga-Sitzung Ende Mai“, so Manager Michael Döring. Der hofft dann auf die anhaltende Gunst der örtlichen Sponsoren und auf einen echten Nordhäuser im Team. Dörings Sohn Richard Meinecke, der im Olympiastü­tzpunkt Frankfurt/ Oder trainiert , ist dann über 18 Jahre alt und könnte im Winter für den neuen deutschen Boxmeister in den Ring steigen.

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Foto: Sascha Fromm Kapitän als Feierbiest: Nordhausen­s Superschwe­rgewichtle­r Max Keller jubelt mit seinen Teamkolleg­en und dem Meisterpok­al.

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