Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Verwaltungsakt statt Internet-Klicks
Der fraktionslose Landtagsabgeordnete Jens Krumpe testet, wie frei die Thüringer Informationsfreiheit ist
Erfurt. Die Vision, Thüringer Behörden könnten irgendwann einmal effektive Informationsdienstleister sein, lässt Jens Krumpe nicht los. Zwar sitzt der Erfurter, seit er der AfD im Mai 2015 den Rücken kehrte, als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag. Da ist die politische Durchschlagskraft übersichtlich. Für Selbstversuche im Behördendickicht aber reicht sie allemal.
So schrieb Bürger Krumpe im Dezember an das Umweltministerium, es möge ihm geografische Daten zu allen Thüringer Oberflächengewässern sowie zu diversen Vogelschutzgebieten zur Verfügung stellen. Das von den Grünen geführte Ministerium reagierte schnell und leitete den Antrag gut zwei Wochen später ans Landesamt für Umwelt und Geologie (TLUG), weil das die Daten hat und pflegt.
Die Jenaer Landesbehörde meldete sich Anfang Januar mit Ausfertigung eines Bescheids. Das Ergebnis des Verwaltungsaktes war positiv: Antrag stattgegeben. Laut Thüringer Umweltinformationsgesetz habe Krumpe „Anspruch auf Zugänglichmachung“von Informationen über die Umwelt. Daten liegen auf CD anbei, macht 62 Euro. Aber der gelernte Geoinformatiker war unzufrieden mit dem Bescheid. Nicht, weil ihn die Behörde ausdrücklich darauf hinwies, sie könne nicht gewährleisten, dass die gelieferten Daten auf aktuellem Stand oder gar exakt und vergleichbar seien. Nein, Krumpe gefiel der Preis nicht. Er legte Widerspruch ein und überwies die 62 Euro unter Vorbehalt.
Der Widerspruch hatte Erfolg. Besser gesagt, einen Teilerfolg. Denn die Widerspruchsbehörde, ebenfalls das TLUG, aber ein anderer Bearbeiter, teilte am 20. April in einem fünfseitigen Schreiben mit, man habe „nach eingehender Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheids“vor, einen anderen Bescheid zu erlassen. Der kam dann auch anderthalb Monate später als „(Teil-)Abhilfebescheid“. Wegen eines Verfahrensfehlers wurden Krumpe die 62 Euro zurücküberwiesen. Die CD durfte er behalten. Für den formvollendeten zweiten Bescheid brauchte das TLUG nur zwei Seiten. Mit freundlichen Grüßen. . .
Hätte Thüringen ein Transparenzgesetz wie Hamburg oder Rheinland-Pfalz, es wäre nie zu diesem Briefwechsel gekommen. Denn Bürger Krumpe hätte gar nicht erst einen Antrag stellen müssen. Weil Behörden von sich aus ihre Daten, sofern nicht von Geheimschutz betroffen, ins Internet stellen.
Vor einem Jahr bat der Landtag die Regierung per Beschluss, den Entwurf für ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild vorzulegen. Nach OTZInformationen wagte sich das SPD-geführte Innenministerium mit Vorschlägen ans Licht, die den jetzigen bürokratischen Zustand samt Kostenbelastung für die Bürger eher zementiert hätten. Was die Koalitionspartner sehr verärgerte. Sie setzten dem Innenressort die nun schon dritte Frist: nach der Sommerpause im August.