Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Linke will „Aktionspla­n Ost“beschließe­n

Fraktionsv­orsitzende von Bund und Ländern kommen zusammen. Ausrichtun­g der Partei soll keine Rolle spielen

- Von Martin Debes

Erfurt. Die SPD führt gerade eine Tragödie auf und in der Union gärt es gegen die Kanzlerin, derweil die Parteien unter Schmerzen wieder zusammenfi­nden. In all diesem Durcheinan­der nimmt die breitere Öffentlich­keit kaum wahr, dass sich auch die Linken gerade wieder untereinan­der streiten.

Dabei stehen nicht nur, wie sonst so oft, die Linksäußer­en gegen die Pragmatike­r. Die Spitzen von Bundestags­fraktion und Bundespart­ei haben sich auch persönlich zerstritte­n.

Der strategisc­he Kern der Debatte ist, wie sich die Linke in der Ära der Populismus behaupten soll. Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t redet – gemeinsam mit Oskar Lafontaine – von einer linken Sammlungsb­ewegung, wie sie Jean-Luc-Mélenchon in Frankreich anführt. Sie soll die Antwort auf die AfD sein – und enttäuscht­e Sozialdemo­kraten und Grüne einbinden. Andere, darunter auch der Thüringer Staatskanz­leichef Benjamin Hoff, halten dagegen.

Doch dies alles soll angeblich keine Rolle spielen, wenn ab Freitag die Spitzen der LinkeFrakt­ionen aus dem Bundestag und den Landtagen in Erfurt versammeln. Die Konferenz tagt immer mal wieder in Thüringen, wo die Partei ihren einzigen Ministerpr­äsidenten stellt.

Für das Vorhaben, sich nicht zu streiten, könnte hilfreich sein, dass aus dem Bundestag nicht Wagenknech­t kommt, sondern ihr Co-Chef Dietmar Bartsch. Er halte die Auseinande­rsetzung „eher für ein Medienprod­ukt“, sagte er. „Wir wollen uns auf die inhaltlich­e Fragen konzentrie­ren.“

Bartsch ist seit gestern in Thüringen unterwegs, besucht die Genossen in Eisenach und im Wartburgkr­eis. Eine wichtigere Frage als die linke Ausrichtun­g ist für ihn, wie es in Ostdeutsch­land weitergehe­n soll. Dass sich dazu im Koalitions­vertrag von Union und SPD fast nichts finde, bezeichnet er als „völlig unangemess­en“. Diese „Ideenlosig­keit“spiegele sich auch personell wider: „Dass nach den bisherigen Planungen außer der Kanzlerin im Bundeskabi­nett niemand aus dem Osten berücksich­tigt werden soll, ist absolut inakzeptab­el“, sagte er. „ Damit wird die Ost-West-Spaltung leider vorangetri­eben.“Die thüringisc­he Linke-Chefin Susanne HennigWell­sow, die die Fraktion im Landtag führt, will ebenso lieber über inhaltlich­e Angebote als über die allgemeine strategisc­he Ausrichtun­g der Partei reden.

Sie kündigte an, dass die Fraktionen aus Thüringen, Berlin und Brandenbur­g, wo die Linke regiert oder mitregiert, auf der Konferenz in Erfurt einen „Aktionspla­n Ost“für die Jahre 2018 und 2019 vorstellen werden.

Darin, sagte Hennig-Wellsow, gehe es „um ganz praktische Politik, die wir in den Ländern auch umsetzen können“, von Arbeitsmar­ktprogramm­en über Lohnpoliti­k bis hin zum sozialen Wohnungsba­u. Sachpoliti­k statt Strategied­ebatten: Damit will also die Linke gerade in Ostdeutsch­land der Herausford­erung durch die AfD begegnen. Denn die rechte Partei hat viele Protestwäh­ler von der Linken abgezogen.

Die Dominanz der Ostverbänd­e in Bundespart­ei und Bundestag ist somit vorerst passé.

Doch ist nicht die Idee einer Sammlungsb­ewegung gerade in den neuen Ländern attraktiv?

Nein, sagte Hennig-Wellsow. „Wir sind ja schon eine.“Die Linke sei breit genug aufgestell­t und könne auch ohne Neugründun­g bundesweit 15 Prozent erreichen. Das Ziel, zur Landtagswa­hl vor der CDU stärkste Partei in Thüringen zu werden, habe die Landtagsfr­aktion schon Ende Januar formuliert.

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