Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Linke will „Aktionsplan Ost“beschließen
Fraktionsvorsitzende von Bund und Ländern kommen zusammen. Ausrichtung der Partei soll keine Rolle spielen
Erfurt. Die SPD führt gerade eine Tragödie auf und in der Union gärt es gegen die Kanzlerin, derweil die Parteien unter Schmerzen wieder zusammenfinden. In all diesem Durcheinander nimmt die breitere Öffentlichkeit kaum wahr, dass sich auch die Linken gerade wieder untereinander streiten.
Dabei stehen nicht nur, wie sonst so oft, die Linksäußeren gegen die Pragmatiker. Die Spitzen von Bundestagsfraktion und Bundespartei haben sich auch persönlich zerstritten.
Der strategische Kern der Debatte ist, wie sich die Linke in der Ära der Populismus behaupten soll. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht redet – gemeinsam mit Oskar Lafontaine – von einer linken Sammlungsbewegung, wie sie Jean-Luc-Mélenchon in Frankreich anführt. Sie soll die Antwort auf die AfD sein – und enttäuschte Sozialdemokraten und Grüne einbinden. Andere, darunter auch der Thüringer Staatskanzleichef Benjamin Hoff, halten dagegen.
Doch dies alles soll angeblich keine Rolle spielen, wenn ab Freitag die Spitzen der LinkeFraktionen aus dem Bundestag und den Landtagen in Erfurt versammeln. Die Konferenz tagt immer mal wieder in Thüringen, wo die Partei ihren einzigen Ministerpräsidenten stellt.
Für das Vorhaben, sich nicht zu streiten, könnte hilfreich sein, dass aus dem Bundestag nicht Wagenknecht kommt, sondern ihr Co-Chef Dietmar Bartsch. Er halte die Auseinandersetzung „eher für ein Medienprodukt“, sagte er. „Wir wollen uns auf die inhaltliche Fragen konzentrieren.“
Bartsch ist seit gestern in Thüringen unterwegs, besucht die Genossen in Eisenach und im Wartburgkreis. Eine wichtigere Frage als die linke Ausrichtung ist für ihn, wie es in Ostdeutschland weitergehen soll. Dass sich dazu im Koalitionsvertrag von Union und SPD fast nichts finde, bezeichnet er als „völlig unangemessen“. Diese „Ideenlosigkeit“spiegele sich auch personell wider: „Dass nach den bisherigen Planungen außer der Kanzlerin im Bundeskabinett niemand aus dem Osten berücksichtigt werden soll, ist absolut inakzeptabel“, sagte er. „ Damit wird die Ost-West-Spaltung leider vorangetrieben.“Die thüringische Linke-Chefin Susanne HennigWellsow, die die Fraktion im Landtag führt, will ebenso lieber über inhaltliche Angebote als über die allgemeine strategische Ausrichtung der Partei reden.
Sie kündigte an, dass die Fraktionen aus Thüringen, Berlin und Brandenburg, wo die Linke regiert oder mitregiert, auf der Konferenz in Erfurt einen „Aktionsplan Ost“für die Jahre 2018 und 2019 vorstellen werden.
Darin, sagte Hennig-Wellsow, gehe es „um ganz praktische Politik, die wir in den Ländern auch umsetzen können“, von Arbeitsmarktprogrammen über Lohnpolitik bis hin zum sozialen Wohnungsbau. Sachpolitik statt Strategiedebatten: Damit will also die Linke gerade in Ostdeutschland der Herausforderung durch die AfD begegnen. Denn die rechte Partei hat viele Protestwähler von der Linken abgezogen.
Die Dominanz der Ostverbände in Bundespartei und Bundestag ist somit vorerst passé.
Doch ist nicht die Idee einer Sammlungsbewegung gerade in den neuen Ländern attraktiv?
Nein, sagte Hennig-Wellsow. „Wir sind ja schon eine.“Die Linke sei breit genug aufgestellt und könne auch ohne Neugründung bundesweit 15 Prozent erreichen. Das Ziel, zur Landtagswahl vor der CDU stärkste Partei in Thüringen zu werden, habe die Landtagsfraktion schon Ende Januar formuliert.