Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Calliope kommt
Mithilfe von sehr kleinen Computern sollen Lehrer und Schüler richtig Programmieren lernen – und das schon in der Grundschule
Lehrer sind zwar schlau, aber natürlich wissen auch sie nicht alles. Ab und zu müssen sie sich deshalb selbst auf die Schulbank setzen. Sie nehmen dann an einer Fortbildung teil.
Genau das tun im Moment auch zehn Thüringer Grundschullehrer. Sie sind die ersten von insgesamt etwa 100 Pädagogen, die sich zeigen lassen, wie ein Kleinstcomputer programmiert wird. Sie lernen das nicht nur, weil es ihnen selbst Spaß macht. Sie möchten es anschließend auch ihren Schülern beibringen. Mit Unterstützung der Lehrer können dann Dritt- und Viertklässler zum Beispiel ein kleines Musikstück komponieren, einen Schrittzähler für den Sportunterricht bauen oder den Computer so einrichten, dass ein grünes Lämpchen leuchtet und ein Smiley erscheint, wenn er nicht zu heftig geschüttelt wird. Ganz nebenbei lernen die Kinder dabei, wie das mit dem Programmieren funktioniert.
In diesem und im nächsten Jahr finden in Thüringen zehn solcher Fortbildungen statt. Sie dauern jeweils vier Tage. Zum Abschluss erhalten die Lehrer, die daran teilgenommen haben, alle einen Klassensatz der Minicomputer. Also 25 Stück, so dass an ihren Schulen bis zu 25 Kinder mit den Geräten arbeiten können.
Die Rechner heißen Calliope mini. Sie bestehen aus einer stabilen sechseckigen Platine, die gut auf die Handfläche passen. Die Platine ist nur auf der Oberseite mit Komponenten wie Tasten und Sensoren bestückt, so dass man sie beim Programmieren auf eine Unterlage legen kann und nichts kaputt macht.
Entwickelt wurde der Calliope von dem gleichnamigen gemeinnützigen Unternehmen. Die Hersteller dachten sich, dass sich Kinder so früh wie möglich mit Computern und dem Programmieren beschäftigen sollten. Wird damit nämlich erst in der 6. oder 7. Klasse begonnen, haben vor allem Mädchen oft kein Interesse mehr daran. In der Grundschule aber ist das anders. Da begeistern sich Mädchen genauso für die Technik wie Jungs. Und das ist auch gut so. Denn ein Unternehmen wie beispielsweise der Internet-Riese Google braucht auch in Zukunft ganz viele Programmierer – Männer und Frauen. Schließlich wird unser Leben immer mehr von Computern bestimmt, für die Programme geschrieben werden müssen. Google gehört deshalb auch zu denen, die die Fortbildungsreihe unterstützen.
Verantwortlich für die Fortbildung sind zwei Thüringer Behörden: die Landesmedienanstalt und das Institut für Lehrerfortbildung. Ihre beiden Chefs haben jetzt einen Vertrag über die Zusammenarbeit unterzeichnet. Unterstützt wird die Fortbildungsreihe aber auch vom Fraunhofer-Institut IAIS, das die Programmier-Plattform „Open Roberta Lab“entwickelt hat. Ziel von Open Roberta ist es, das Programmieren leichter zugänglich zu machen.
Programmieren macht nicht nur viel Spaß, es ist auch sehr nützlich. Es hilft ganz nebenbei, besser lesen oder rechnen zu lernen, logisch und auch mal um die Ecke zu denken. Das Programmieren mit dem Calliope mini ersetzt zwar kein Informatikstudium, das Arbeiter in der IT-Branche brauchen. Aber es ist ein erster Schritt dahin und vielleicht später auch zum Beruf des Software-Entwicklers, der immer mehr gefragt ist.