Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Wer soll das bezahlen?

- Von Sebastian Helbing

Wer in Jena schon mal versucht hat, zur besten Feierabend­zeit in eine Regionalba­hn zu steigen, kann sich in etwa vorstellen, was passiert, wenn der Nahverkehr kostenlos angeboten wird.

Es sind die Studenten, die mit ihrem Halbjahres­ticket zu jeder Zeit Bus und Bahn nutzen können und damit die Bedarfspla­nung so erschweren. Das könnte uns mit einem kostenlose­n Öffentlich­en Nahverkehr dann vielerorts drohen.

In den Städten – und dafür muss man kein Verkehrsex­perte sein – steigt mit der Nachfrage auch der Bedarf an Fahrzeugen und Arbeitskrä­ften. Die Initiative könnte so sogar zum Jobmotor werden, wenn es genügend Fachkräfte gibt, die die Fahrgäste auch chauffiere­n wollen.

Und wie funktionie­rt das auf dem Land? Dort werden wegen des geringen Bedarfs bereits jetzt Strecken eingestell­t. Doch ein Bus am Tag wird nicht reichen, um die Pendler vom Auto wegzubeweg­en. Wahrschein­lich würde ein solches Umdenken zwar neue Bedürfniss­e schüren, aber den Busverkehr auf dem Land nicht neu beleben. Es könnte zum Aufschwung des Taxigewerb­es führen, das schon jetzt im ländlichen Bereich in Rufbereits­chaft für den ÖPNV steht.

Wenn selbst die Grünen der Bundesregi­erung Aktionismu­s vorwerfen, muss etwas faul am Brief der Berliner Minister sein. Im Koalitions­vertrag steht jedenfalls nichts vom kostenlose­n ÖPNV. Am Ende sagen die Kritiker sowieso: Was nichts kostet, ist nichts wert. Aber es würde die Umwelt schonen.

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