Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Wer soll das bezahlen?
Wer in Jena schon mal versucht hat, zur besten Feierabendzeit in eine Regionalbahn zu steigen, kann sich in etwa vorstellen, was passiert, wenn der Nahverkehr kostenlos angeboten wird.
Es sind die Studenten, die mit ihrem Halbjahresticket zu jeder Zeit Bus und Bahn nutzen können und damit die Bedarfsplanung so erschweren. Das könnte uns mit einem kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr dann vielerorts drohen.
In den Städten – und dafür muss man kein Verkehrsexperte sein – steigt mit der Nachfrage auch der Bedarf an Fahrzeugen und Arbeitskräften. Die Initiative könnte so sogar zum Jobmotor werden, wenn es genügend Fachkräfte gibt, die die Fahrgäste auch chauffieren wollen.
Und wie funktioniert das auf dem Land? Dort werden wegen des geringen Bedarfs bereits jetzt Strecken eingestellt. Doch ein Bus am Tag wird nicht reichen, um die Pendler vom Auto wegzubewegen. Wahrscheinlich würde ein solches Umdenken zwar neue Bedürfnisse schüren, aber den Busverkehr auf dem Land nicht neu beleben. Es könnte zum Aufschwung des Taxigewerbes führen, das schon jetzt im ländlichen Bereich in Rufbereitschaft für den ÖPNV steht.
Wenn selbst die Grünen der Bundesregierung Aktionismus vorwerfen, muss etwas faul am Brief der Berliner Minister sein. Im Koalitionsvertrag steht jedenfalls nichts vom kostenlosen ÖPNV. Am Ende sagen die Kritiker sowieso: Was nichts kostet, ist nichts wert. Aber es würde die Umwelt schonen.