Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Sein Herz ist in London

Der Geraer Künstler erzählt, wie seine derzeit auf Posterstei­n ausgestell­ten Bilder entstehen

- Von Eva Marie Stegmann

Posterstei­n. Frank Rüdigers Herz ist in London. Warum das so ist und was ihn an dieser Metropole so fesselt, erzählt der Fotograf, der aktuell auf Posterstei­n ausstellt, OTZ-Schmöllner Nachrichte­n.

Posterstei­n/Gera. Derzeit stellt der Geraer Frank Rüdiger auf Burg Posterstei­n seine Fotografie­n aus London aus. „London Urban Sketches – Urbane Skizzen von London“nennt der Künstler seine Schau mit den bearbeitet­en Drucken aus einer hektischen Stadt. Im Gespräch mit OTZ Schmöllner Nachrichte­n verrät er, warum er trotz seiner Liebe zu London nicht auswandert, was ihn inspiriert und welchen Promi er im Holland Park traf.

London und die Londoner Straßenzüg­e in den vergangene­n zehn Jahren sind Ihr Thema. Warum ausgerechn­et London?

Es ist einfach eine irre Stadt. Ich erinnere mich noch genau, als ich 1991 das erste Mal dort war. Und sofort von der Mentalität angetan war. Ich fahre dort so oft und so lange ich kann hin. Ungefähr zweimal im Jahr.

Wie ist denn die Mentalität in London?

Mir ist das Understate­ment der Menschen sehr angenehm. Wer dort etwas hat, der zeigt das nicht unbedingt. Die Menschen sind miteinande­r mehr auf Augenhöhe, es ist eine unheimlich tolerante Atmosphäre. Ja, und auch Mitmenschl­ichkeit.

Können Sie das genauer beschreibe­n?

Ja. Also stellen Sie sich vor jemand hat bei uns im Supermarkt an der Kasse zu wenig Geld. Plötzlich tritt Stille in der Schlange ein, alle sehen weg und die Kassiereri­n fordert einen auf, einen Artikel zurückzuge­ben. Ich war in London in der Kaufhalle.

Das Erlebnis werde ich nie vergessen, mir fehlten zwei Pennys. An der Kasse saß eine große, massige, dunkelhäut­ige Frau, grinste und sagte einfach: ‚No problem, my darling.‘ Dann winkte sie mich vorbei. Das ist die Mentalität dort. Es ist schwer zu beschreibe­n.

Nach der Wende waren Sie sicher in mehreren Ländern unterwegs?

Na klar. Ich war in Israel, Italien, Frankreich, den Niederland­en. Aber mein Herz ist in London.

Warum sind Sie nicht ausgewande­rt?

Ich würde gerne. Aber ich habe den Absprung verpasst. Man glaubt es kaum, aber das Gesundheit­ssystem dort ist noch schlechter als unseres. Und mit über 60 bin ich nicht mehr der Jüngste. Deshalb versuche ich so oft es geht, nach London zu reisen. Meine Frau habe ich angesteckt.

Was inspiriert Sie?

Die Stadt an sich. Ich fotografie­re am liebsten nachts. Nachts um ein oder zwei Uhr. Ich wache auf und gehe mit meiner Kamera auf Tour. Ich laufe und denke: ‚Hiervon machst du ein Bild.‘ So ist zum Beispiel ‚Fleet Street‘ entstanden.

Das klingt alles so einfach. Dabei strahlen Ihre Bilder so eine spezielle Atmosphäre aus. Obwohl in dunklen, ja fast mystischen Farben gehalten, wirkt alles sehr lebendig. Welche Kamera nehmen Sie?

Ich sage Ihnen eines: Die Kamera ist vollkommen egal. Ich kenne Leute, die geben jedes Jahr tausende von Euros für Kamera und Technik aus, aber kriegen dadurch auch nicht bessere Bilder hin. Man kann sogar mit dem Handy gute Bilder machen. Es geht um die Stimmung. In London ... Die Stadt ist immer lebendig. Und hektisch. Das Tempo passt zu mir. Ich bin ein schneller, hektischer Mensch. Ich laufe auch sehr schnell zum Beispiel. Da fällt mir übrigens noch ein Erlebnis ein von 2017, das die Mentalität der Londoner gut beschreibt.

Ja?

Meine Frau und ich waren an einem schönen Nachmittag in Holland Park im Westen von London. Das Wetter war toll, ich habe fotografie­rt. Als ein Mann mit grauen, langen Haaren auf mich zukam und mich sehr freundlich grüßte. Ich grüßte zurück und überlegte nur: ‚Woher kennst du den?‘. Kurze Zeit später hatte sich eine Traube von Menschen um drei Pfauen im Park versammelt. Meine Frau war auch dabei und der Mann stand neben ihr. Wieder grüßt er mich freundlich. Um indirekt herauszufi­nden, wer er ist, fragte ich: ‚Bist du der, für den ich dich halte?‘. Und er nur: ‚Yes, probably.‘ Und ich: ‚Musiker?‘. Woraufhin er antwortete, dass er ‚auch‘ Musiker sei.

Und, wer war es nun?

Zu Hause googelte ich, weil ich eine Ahnung hatte. Dass es in Richtung Rockmusik geht. Es war der Gitarrist von Queen. Brian May. Und er ist eben nicht nur Musiker, sondern auch Astrophysi­ker. Aber er mischte sich ganz normal unters Volk. In London ist es keine Seltenheit, dass man Stars trifft. Dieses Miteinande­r, das ist das Schöne.

■ „London Urban Sketches“ist noch bis einschließ­lich . Mai auf Burg Posterstei­n zu sehen. Am . April um  Uhr liest der Künstler aus seinem Buch „Cockney, Cookies, Camden Market – (Un)Gewöhnlich­es aus London“

 ?? Foto: Eva Marie Stegmann ?? Frank Rüdiger auf Posterstei­n vor einem Bild vom Holland Park, in dem er den Gitarriste­n der Rockband Queen traf.
Foto: Eva Marie Stegmann Frank Rüdiger auf Posterstei­n vor einem Bild vom Holland Park, in dem er den Gitarriste­n der Rockband Queen traf.

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