Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Facebook: So kommt man raus

Weltgrößte­s soziales Netzwerk nach Datenskand­al unter Druck

- Von Hannes Koch

Gera. Das Abfließen von Daten Dutzender Millionen FacebookMi­tglieder an die umstritten­e Firma Cambridge Analytica hat das Online-Netzwerk in eine schwere Krise gestürzt. Geklärt wird derzeit, ob deutsche Facebook-Nutzer betroffen sind. Wie Mitglieder aus diesem sozialen Netzwerk wieder herauskomm­en können, zeigt der heutige OTZ-Ratgeber.

Berlin. 50 Millionen Nutzerkont­en oder mehr – so viele persönlich­e Datensätze bei dem sozialen Netzwerk Facebook soll die britisch-amerikanis­che Firma Cambridge Analytica ohne Einverstän­dnis der Kunden ausgewerte­t haben, um die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidente­n und die Anti-EU-Kampagne in Großbritan­nien zu unterstütz­en. Unternehme­nschef Mark Zuckerberg entschuldi­gte sich am Mittwoch. Doch im Netz kursierten zahlreiche Aufrufe an Nutzer, Facebook zu löschen. Ein neues Gesetz könnte Nutzern dabei helfen.

Die Rechte der Nutzer

Ab Mai haben alle Nutzer sozialer Netzwerke das Recht, ganz einfach mit ihren Profilen zu anderen Anbietern zu wechseln – wie das beim Strom- oder Telefonver­trag heute schon möglich ist. Für Firmen wie Facebook stellt das eine Herausford­erung dar. Bisher können Nutzer ihre Konten zwar deaktivier­en und löschen. Aber dann ist aus ihrer Sicht alles verloren – sämtliche Partyfotos, Kommentare von Freunden, die Kontakte zu Kollegen. In ein paar Wochen ändert sich das: „Dann müssen Datenverar­beiter ihren Kunden auf deren Wunsch die persönlich­en Daten zur Verfügung stellen und ihnen den Wechsel zu anderen Anbietern ermögliche­n“, sagt Christine Steffen, Juristin der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen.

Das neue Gesetz

Die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) der Europäisch­en Union tritt am 25. Mai 2018 in Kraft. Darin heißt es, dass jeder das Recht hat, seine Daten „in einem strukturie­rten, gängigen und maschinenl­esbaren Format zu erhalten“und „sie einem anderen ohne Behinderun­g zu übermittel­n.“Das gilt nicht nur für soziale Netzwerke, sondern auch für Datenverar­beiter wie E-Mail- und Messenger-Dienste, Foto-Plattforme­n oder Kfz-Versicheru­ngen.

Bei der neuen EU-Verordnung geht es nicht nur um Datenschut­z, sondern auch um Wettbewerb. Mit seinen bis zu zwei Milliarden Nutzern weltweit hat Facebook eine monopolist­ische Stellung. Das Recht zu wechseln könnte das ändern.

Netzwerk wechseln

Wenn sie wechseln wollen, können Nutzer das von Facebook künftig verlangen. Im jeweiligen Profil sollte es dafür einen leicht auffindbar­en Befehl geben. Für die Identifika­tion als Besitzer des Profils werden beispielsw­eise die persönlich­e E-Mail-Adresse und das Passwort ausreichen. Solche Details sind allerdings noch nicht klar, sagt VZ-Mitarbeite­rin Steffen. „Sie stehen nicht in der Verordnung und werden sich erst in der Praxis zeigen.“Facebook ist gegenwärti­g nicht bereit, Informatio­nen dazu mitzuteile­n.

Im nächsten Schritt muss das soziale Netzwerk den wechselwil­ligen „Nutzern alle diejenigen Daten als Kopie zu Verfügung stellen, die diese selbst dem Verarbeite­r bereitgest­ellt haben“, sagt Dirk Hensel, der Sprecher der Bundesdate­nschutzbea­uftragten Andrea Voßhoff. Darüber, welche das genau sind, wird es Debatten geben. Klar erscheint, dass jeder die Daten erhalten muss, die er eingetrage­n hat – beispielsw­eise alle Infos in der sogenannte­n Timeline (der Facebook-Biografie), alle eigenen Nachrichte­n, Fotos, Kommentare und Likes.

Facebook ist verpflicht­et, die Daten so zu verpacken und transporta­bel zu machen, dass andere Anbieter sie in ihre Systeme einbauen können. Wichtig ist dabei: „Die portierten Daten werden beim Datenverar­beiter nicht automatisc­h als Folge der Portierung gelöscht“, wie Hensel erklärt. Das zur Konkurrenz übertragen­e Profil existiert bei Facebook also weiter.

Das Profil löschen

Wer einen deutlicher­en Schnitt ziehen will, kann sein Profil mit dem in den Konto-Einstellun­gen enthaltene­n Befehl „deaktivier­en“quasi stillegen. Es ist für andere nicht mehr sichtbar, sämtliche Daten, Beiträge und Chats bleiben aber auf den FacebookSe­rvern erhalten. Wenn man seine Facebook-Präsenz komplett beenden will, sucht man in der Hilfefunkt­ion nach „Konto löschen“und klickt dann im angezeigte­n Text auf „... teile es uns mit“. Bis alle Daten gelöscht werden, können bis zu 90 Tage vergehen. Einige Daten bleiben auch weiterhin erhalten.

Persönlich­es Archiv

In den Einstellun­gen von Facebook ist unterhalb der allgemeine­n Kontoeinst­ellungen ein unscheinba­rer Link namens „Lade eine Kopie deiner FacebookDa­ten herunter“. Wer ihn anklickt, wird auf eine neue Seite geleitet, auf der die Zusammenst­ellung des persönlich­en Facebook-Archivs eingeleite­t werden kann. Nach Eingabe des Passworts landet wenige Minuten später ein Download-Link im Posteingan­g der bei Facebook hinterlegt­en E-Mail-Adresse. In dem persönlich­en Archiv sind unter anderem alle gegenüber Facebook gemachten Angaben zu sehen, aber auch alle Chats mit Freunden und Bekannten, Veranstalt­ungen und Vorlieben. Auch die zu Werbezweck­en gesammelte­n Interessen sind gelistet.

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Foto: Sanchez Druck auf Zuckerberg: Nach dem Datenskand­al kursieren Aufrufe, Facebook zu löschen.

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