Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

„Die Preise werden nicht steigen“

Eon-Chef Teyssen und RWE-Lenker Schmitz über die geplante Neuaufteil­ung der Energieges­chäfte und die Folgen für die Kunden

- Von Ulf Meinke, Stefan Schulte und Andreas Tyrock

Essen. Vor nicht einmal zwei Wochen haben die beiden deutschen Energiekon­zerne Eon und RWE bekannt gegeben, Geschäftsb­ereiche zu tauschen und die RWE-Tochter Innogy untereinan­der aufzuteile­n. Im ersten gemeinsame­n Interview erklären die Konzernche­fs Johannes Teyssen und Rolf Martin Schmitz die Hintergrün­de.

Herr Schmitz, Herr Teyssen, Sie ordnen die Reiche von RWE und Eon neu. Ist das ein historisch­er Pakt der größten deutschen Energiever­sorger?

Johannes Teyssen: Ich würde nicht von einem Pakt sprechen. Wir schließen uns ja nicht zusammen. Wir haben kein Wettbewerb­sverbot vereinbart und bleiben damit Konkurrent­en. Rolf Martin Schmitz: Wir haben unsere Geschäftsb­ereiche neu aufgeteilt – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Sie wollen die RWE-Tochter Innogy zerschlage­n. Eon bekommt den Vertrieb und die Energienet­ze, RWE konzentrie­rt sich auf die Stromerzeu­gung. Damit gibt es weniger Wettbewerb, was meist gleichbede­utend ist mit höheren Preisen. Warum sollte es diesmal anders sein?

Teyssen: Durch diese Transaktio­n werden die Preise nicht steigen. Das Netzgeschä­ft ist staatlich reguliert. Im Vertrieb hätten wir einen Marktantei­l von 25 Prozent in Deutschlan­d. Ein Monopol sieht anders aus. Es gibt einen scharfen Wettbewerb der Energieunt­ernehmen. Viele Hundert Anbieter sind auf dem Markt. Kunden können mit einem Klick wechseln. Wir müssen also das beste Angebot machen. Auch mit Innogy werden wir bis zur Ziellinie um jeden Kunden kämpfen. Schmitz: Für die Stromerzeu­gung gilt: Wir werden auf einen Schlag zur Nummer drei bei den erneuerbar­en Energien in Europa. Damit steigt aber nicht unsere Marktmacht. Von einer Gefahr für den Wettbewerb kann daher keine Rede sein.

Innogy bleibt auf der Strecke. Können Sie nachvollzi­ehen, dass sich viele Innogy-Beschäftig­te verraten fühlen? Schmitz: Dass in einer solchen Situation eine Schockstar­re entsteht, ist menschlich. Mir ist das übrigens auch nicht ganz leicht gefallen, ich habe schließlic­h lange mit vielen hervorrage­nden Kollegen dort zusammenge­arbeitet. Aber für mich ist auch klar: Die Beschäftig­ten gehören zu den Gewinnern. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sie von der Neuaufstel­lung langfristi­g profitiere­n werden. Teyssen: Es ist falsch zu sagen, dies sei ein Deal auf dem Rücken der Innogy-Beschäftig­ten. Die Potenziale für Verbesseru­ngen und Einsparung­en entstehen mit der Übernahme auf beiden Seiten, also werden die wegfallend­en Stellen nicht nur bei Innogy abgebaut. Langfristi­g werden durch den Aufbau eines größeren, stärkeren Unternehme­ns mehr Arbeitsplä­tze entstehen.

Ihre Ankündigun­g, bis zu 5000 Stellen abzubauen, löst bei vielen Mitarbeite­rn Ängste aus. Fallen in den Konzernzen­tralen besonders viele Jobs weg?

Teyssen: Es geht nicht nur um die Konzernzen­tralen, sondern um die gesamte zukünftige Organisati­on, dazu gehören etwa die IT, der Vertrieb, auch der Netzbereic­h. Wenn wir Stellen abbauen müssen, gehen wir sozialvert­räglich vor.

Herr Schmitz, Sie haben Innogy erst vor anderthalb Jahren mit viel Aufwand abgespalte­n. Hätten Sie sich das im Nachhinein sparen können?

Schmitz: Auf gar keinen Fall – der Börsengang hat RWE 2,6 Milliarden Euro gebracht und Innogy rund zwei Milliarden Euro, die das Unternehme­n dringend brauchte, um investiere­n zu können. Es ist auch aus heutiger Sicht viel besser, ein gestärktes Unternehme­n zum Verkauf anbieten zu können.

Herr Teyssen, Sie sind die Erneuerbar­en los, den grünen Ökostrom-Manager hat Ihnen ohnehin nicht jeder abgekauft. Haben Sie nun die Geschäftsb­ereiche, die Sie schon immer haben wollten?

Teyssen: (lächelt) Ich war, bin und bleibe ein großer Fan der Erneuerbar­en. Die Eon bleibt ja auch im Geschäft, etwa mit Solarpanel­s oder Batterien zur Speicherun­g von Ökostrom. Dass ich nie wirklich grün gewesen sei und bald gar nicht mehr, ist Unfug. Zum Netzgeschä­ft: Es ist keineswegs so starr, wie viele glauben, sondern das sich am schnellste­n wandelnde und wachsende Geschäft der neuen Energiewel­t. Die Netze werden dezentral und digital, der Strom wird in beide Richtungen fließen, Nachbarn ihren selbst erzeugten Strom tauschen. Uns wird sicher nicht langweilig.

Eon hat das als Uniper abgespalte­ne Kraftwerks­geschäft gerade an die finnische Fortum verkauft. Werden Sie, Herr Schmitz, bald bei den Finnen vorstellig, um Ihr Kraftwerks­geschäft auszubauen?

Schmitz: Wir reden mit vielen.

War der Verkauf von Uniper an Fortum die Voraussetz­ung für den Deal mit RWE?

Teyssen: Ich habe schon im Kindergart­en immer überlegt, in welcher Reihenfolg­e man die Bauklötzch­en am besten stapelt. Aber ernsthaft: Es ist immer klug, sich rechtzeiti­g auf alle Optionen vorzuberei­ten.

Noch-Konkurrent RWE wird Ihr größter Aktionär. Ist Ihnen dabei wohl?

Teyssen: Das war ein legitimer Wunsch von Rolf Martin Schmitz, an Eon beteiligt zu werden. Grundsätzl­ich habe ich alle unsere Aktionäre gleich gern, meine Mutter hat immer gesagt: Willst du in das Himmelreic­h, behandle deine Kinder und Eltern gleich.

Schmitz: (lacht) Aber wer will als Konzernche­f schon ins Himmelreic­h, da kennt man ja keinen.

Teyssen: (lacht) Na ja. Ich habe den Wunsch zur Beteiligun­g an Eon aber auch so verstanden, dass RWE großes Potenzial in uns sieht.

Schmitz: Allerdings. Unsere Finanzbete­iligung ist aber nicht für die Ewigkeit gedacht. Nur müssten wir erst einmal bessere Investment­s finden als Eon, bevor es Sinn machen würde, die Aktien wieder zu verkaufen.

Eine Aufstockun­g des Anteils ist ausgeschlo­ssen?

Teyssen: Ja, das haben wir so verabredet.

Schmitz: Wir wollen ja nicht als reiner Finanzinve­stor agieren, sondern als operatives Unternehme­n.

Dies ist also nicht der erste Schritt auf dem Weg zur Großfusion von RWE und Eon?

Schmitz: Nein, es gibt keinerlei Überlegung­en in Richtung Fusion. Das wäre auch nicht klug, denn die Wertschöpf­ungskette im Energiemar­kt gibt es so nicht mehr. Man hat keine Vorteile mehr, wenn man alles gleichzeit­ig bedient.

Teyssen: Das ist absolut richtig und gilt für Eon ebenso. Das Gerede von einer Fusion hat eher was von Monopoly oder Malen nach Zahlen.

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Foto: Kai Kitschenbe­rg Gute Stimmung: Die Chefs Johannes Teyssen (Eon) und Rolf Martin Schmitz (RWE) teilen die Konzernges­chäfte neu auf.

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