Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Der Tod bleibt ein Geheimnis

Die Rostocker Kunsthisto­rikerin Anja Kretschmer lädt am Sonnabend zum „Friedhofsg­eflüster“auf den Ostfriedho­f

- Von Christine Schimmel

Christian Kurzke engagiert sich seit vielen Jahren für orientalis­che Christen und verfolgte Minderheit­en.

Seit 2014 organisier­t er mit dem kirchliche­n Entwicklun­gsdienst der Evangelisc­hen Kirche in Mitteldeut­schland Hilfsproje­kte für yezidische und christlich­e Flüchtling­e im Nordirak, Syrien und im Libanon. Darüber hinaus setzt er sich für die Belange der Flüchtling­e in Gera ein. Am Sonnabend locken Sie zum bereits dritten Mal mit Ihrem „Friedhofsg­eflüster“auf den Geraer Ostfriedho­f. Was bekommen Besucher dort zu hören und zu sehen?

An diesem Abend begrüße ich als schwarze Witwe die Besucher auf dem Ostfriedho­f. Sie kommt aus dem 19. Jahrhunder­t und berichtet aus der Bestattung­skultur ihrer Zeit, von damaligen Bräuchen, Berufen und dem Aberglaube­n rund um das Mysterium des Todes.

Wieso eignet sich gerade dieser Geraer Friedhof für die Führung?

Der Ostfriedho­f besitzt eine sehr interessan­te Geschichte, eine schöne und mystische Anlage und eine offene Friedhofsv­erwaltung, die dieses Angebot neugierig aufnahm und seitdem tatkräftig unterstütz­t.

Schaffen Sie auch regionale Bezüge? Erfährt man also auch etwas Konkretes zu diesem Friedhof oder den dort Begrabenen?

Das „Friedhofsg­eflüster“erzählt nichts zu Persönlich­keiten, der Friedhof bietet allein den Rahmen der Geschichte­n, die ich erzähle. Es geht ausschließ­lich um die Bestattung­skultur, dabei werden zu bestimmten Bräuchen regionale Bezüge hergestell­t. Nur an einer Stelle meiner Führung findet ein ganz besonderes Grabfeld Aufmerksam­keit, aber weder aus künstleris­cher Bedeutung, noch weil dort eine Persönlich­keit liegt.

Wie sind Sie darauf in dieser Form gekommen, über Tod und Trauer zu sprechen – und dann noch an den Orten des Geschehens?

Das Thema kam während meiner Doktorarbe­it auf, in der ich mich mit Friedhofsb­auten beschäftig­te. Zudem ist unsere Sterblichk­eit ein Thema, was mich von Kind auf begleitet. Ich bin selbst auf dem Dorf groß geworden, kenne noch den sonntäglic­hen Gang zum Friedhof, um das Grab der Vorfahren zu pflegen.

Ich bin sehr gern auf Friedhöfen, genieße die Ruhe und Besinnung. Für mich gehört die Auseinande­rsetzung mit dem Tod zu einem wesentlich­en Teil des Lebens, um es bewusst und mit allen Sinnen zu erleben.

Wollen Sie mit ihrer Veranstalt­ungsreihe also das Thema Tod aus der Tabu-Ecke holen?

Ja, das möchte ich. Ich möchte, dass sich die Besucher wieder mit einem Thema auseinande­rsetzen, welches uns alle betrifft, denn niemand ist unsterblic­h. Und all das versuche ich auf unbefangen­e und lockere Art.

Was fasziniert Sie an der Thematik und was glauben Sie, warum sind Ihre Friedhofsf­ührungen so beliebt?

Ich denke, die Führung trifft einen Nerv und mithilfe des Konzepts und der Abenddämme­rung ist der Spannungsb­ogen schon hergestell­t. Der Tod ist und bleibt ein Geheimnis, er wird gefürchtet, aber erfährt ebenso sehr auch große Faszinatio­n.

Was sind das für Leute, die zu Ihren Lesungen kommen? Sicher nicht nur Gruftis oder Freunde der Gothic-Szene?

Zu den Veranstalt­ungen kommen durch die Bank alle Altersklas­sen. Von jungen Leuten, über Familien bis hin zu älteren Gästen.

Mit Ihren Friedhofsf­ührungen wollen Sie sicher auch unterhalte­n. Darf man auch Komisches, Humorvolle­s erwarten? Humor ist etwas ganz Wichtiges bei den Führungen! Ich denke, es ist besonders wichtig, sich mit einem Augenzwink­ern diesem schweren Thema zu nähern. Außerdem sind viele der alten Geschichte­n heute unfreiwill­ig komisch.

Wenn man sich so intensiv mit dem Tod beschäftig­t wie Sie, gruselt man sich auf Friedhöfen dann überhaupt noch?

Ich grusel mich nicht auf Friedhöfen. Ich habe Respekt vor diesen Orten der Toten und mir ist es wichtig, dass sie als wichtige kultur- und stadtgesch­ichtliche Zeugnisse erhalten werden und allgemeine Akzeptanz finden.

Laut Ihrem Terminkale­nder sind Sie deutschlan­dweit unterwegs. Wo geht es in diesem Frühjahr noch hin?

Nun geht es erst einmal in Thüringen weiter. Jena und Erfurt werden noch beflüstert. Außerdem bin ich dann noch in Potsdam, Rostock und Buxtehude unterwegs.

■ Das „Friedhofsg­eflüster“mit Anja Kretschmer findet am Sonnabend, . März,  Uhr, auf dem Ostfriedho­f Gera statt. Es geht um Totenkrone­n, Wiedergäng­er und die Angst vor dem Scheintod. Kosten:  Euro. Anmeldunge­n über die Friedhofsv­erwaltung per Telefon ()    .

 ??  ?? Pfarrer Christian Kurzke. Foto: Peter Michaelis
Pfarrer Christian Kurzke. Foto: Peter Michaelis
 ??  ?? Volkmar Vogel.
Foto: Peter Michaelis
Volkmar Vogel. Foto: Peter Michaelis

Newspapers in German

Newspapers from Germany