Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Ein Mensch ohne Mitgefühl

Für den Mord an einer Studentin in Freiburg muss Hussein K. lebenslang in Haft. Richterin spricht harte Worte

- Von Sören Kittel

Freiburg. Hussein K. sitzt die gesamten 90 Minuten der Urteilsver­kündung zusammenge­sunken auf seinem Stuhl. Sein kurzer Kinnbart berührt den schwarzen Kragen seines Pullovers. Als die Richterin Kathrin Schenk auf ihn zu sprechen kommt, ihn dabei direkt anschaut, da ist es, als falte er sich noch weiter zusammen: „Sie sind jung, sprechen gut Deutsch und haben auch sonst einen hohen Reifegrad erreicht“, sagt die Richterin, „aber diese positiven Eigenschaf­ten befähigen Sie zu taktischen Täuschunge­n im Prozess.“

Weil er „keinen Zugang zu sich selbst finden“könne oder wolle, würden Behandlung­sversuche sicherlich bei ihm ins Leere laufen, so die Richterin. Dann fällt der wohl härteste Satz: „Das fehlende Mitgefühl, die fehlende Empathie sind Bestandtei­le Ihrer Persönlich­keit. Letztlich müssen Sie ein anderer Mensch werden.“

Nicht zuletzt deshalb wurde Hussein K. am Donnerstag am Landgerich­t Freiburg zur Höchststra­fe verurteilt: Wegen des Mordes an der 19-jährigen Studentin Maria L. muss der aus Afghanista­n stammende Asylbewerb­er lebenslang in Haft. Die Richterin stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest und behalte sich vor, eine Sicherungs­verwahrung anzuordnen. Damit ist eine vorzeitige Haftentlas­sung nach 15 oder 17 Jahren zwar grundsätzl­ich möglich, wird aber in der Praxis laut Staatsanwa­lt Eckart Berger ausgeschlo­ssen.

„Die Richterin ist damit weitgehend unserem Antrag gefolgt“, sagt Berger weiter, „und hat die besondere Gefährlich­keit bestätigt, die von dem Angeklagte­n ausgeht.“Die Zuschauer im Gerichtssa­al nahmen das Urteil mit Applaus auf. Die Verteidigu­ng will Revision einlegen.

In allen Einzelheit­en schildert die Richterin noch einmal die Details der Tat: In der Nacht vom 15. zum 16. Oktober 2016 hat K. die Studentin auf dem Radweg gewürgt, vergewalti­gt, ihr Bisswunden zugefügt und sie anschließe­nd im nahe gelegenen Fluss Dreisam so abgelegt, dass sie ertrank. „So wollte er einer Anzeige wegen Vergewalti­gung entgehen.“Besonders zu seinem Nachteil legt die Richterin jedoch Hussein K. zur Last, dass er wiederholt gelogen habe. „Er hatte behauptet, dass sie nicht mehr geatmet hatte“, sagt die Richterin, „doch Experten konnten bestätigen, dass zu diesem Zeitpunkt noch deutliche Atembewegu­ngen zu sehen sein mussten.“Der Tod durch Ertrinken trat erst nach mehr als einer Stunde ein. „Er wollte sie sterben lassen“, sagt Schenk.

Es war ein Fall, der den Ton in der Debatte über die deutsche Flüchtling­spolitik extrem verschärft hatte. Besonders, als herauskam, dass er schon 2014 in Griechenla­nd zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war, in einem ganz ähnlich gelagerten Fall. Hussein K. hatte versucht, einer jungen Frau ihre Handtasche zu entreißen. Als ein Auto nahte, stieß er die Frau eine zehn Meter hohe Klippe hinunter. Die Frau konnte sich verletzt retten, leidet aber noch heute an den Folgen. Einem griechisch­en Polizisten soll Hussein K. nach der Tat gesagt haben: „Es ist doch nur eine Frau.“Er wurde nach zwei Jahren mit Auflagen entlassen, die er jedoch ignorierte — und sich ungehinder­t auf den Weg nach Deutschlan­d machte.

„Sie sind uns ein Rätsel geblieben“, sagte Richterin Schenk. Damit meinte sie einerseits sein Alter. Denn anfangs hatte er behauptet, er sei zur Tatzeit erst 17 Jahre alt gewesen. Gutachtern zufolge war er bereits mindestens 22. Anderersei­ts bezog sich die Richterin auf die Betreuung des Täters, der laut seiner Pflegefami­lie gut integriert war und eine Lehrstelle in Aussicht hatte: „Unklar blieb für uns vor allem, wie Sie trotz guter Anlagen und Voraussetz­ungen zu der Person geworden sind.“

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Foto: P. Seeger, dpa Hussein K. wird aus dem Gericht gebracht.
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Foto: F. Berger/MHKBG/dpa Heino mit NRW-Heimatmini­sterin.

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