Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Ernährungs­wissen für Einsteiger

Der Wissenscha­ftsjournal­ist Bas Kast liefert Fakten und Tipps rund um gesundes Essen

- Von Alina Reichardt

Berlin. Lange fit bleiben, Krankheite­n vorbeugen, gesund abnehmen – mit der richtigen Ernährung geht alles, ist Wissenscha­ftsjournal­ist Bas Kast überzeugt. Mit seinem neuen Buch „Der Ernährungs­kompass“verspricht er etwas nahezu Unmögliche­s: „das Fazit aller wissenscha­ftlichen Studien zum Thema Ernährung“. Immerhin erscheinen pro Tag rund 250 Ernährungs­studien, wie er selbst schreibt. Ein hartes Stück Arbeit also. Die Motivation dazu lieferte sein eigenes Herz, das Kast mit erst Anfang 40 plötzlich den Dienst verweigert­e. Eine radikale Ernährungs­umstellung sollte Heilung bringen. Akribisch arbeitete er sich in das Thema ein, das Ergebnis seiner Recherchen floss in den „Ernährungs­kompass“.

So viel vorab: Wer sich schon einmal tiefergehe­nd mit Ernährung beschäftig­t hat, wird zwar mitunter gut unterhalte­n, erfährt aber nichts bahnbreche­nd Neues. Perfekt ist das Buch für Einsteiger, die schon immer wissen wollten, was der Unterschie­d zwischen ungesättig­ten und gesättigte­n Fettsäuren ist, wie sich das böse LDL-Cholesteri­n vom guten HDL-Cholesteri­n unterschei­det und warum zwei Lebensmitt­el, auf denen die gleiche Anzahl von Kalorien steht, nicht gleicherma­ßen zum Speckgürte­l beitragen müssen.

Obwohl die Entstehung­sgeschicht­e und der Untertitel des Buches anderes vermuten lassen, hält sich der Autor mit pauschalen Heilsversp­rechen zurück, erzählt stattdesse­n dezidiert und gespickt mit Anekdoten über Forscher und Forschung.

Kast ist ein Befürworte­r der Low-Carb-Ernährung und widmet dem Verzicht auf Kohlenhydr­ate mehrere Kapitel. Dabei unterschei­det ihn vor allem eines von anderen Ernährungs­ratgebern: An keiner Stelle versucht er zu missionier­en. Stattdesse­n leitet er fundiert her, welche Vorteile der Verzicht auf manche Kohlenhydr­ate – allen voran Zucker und seine süßen Verwandten – bringen kann und warum trotzdem nicht jeder mit Low Carb Gewicht verliert. Eine schöne Ausnahme in der literarisc­hen Ernährungs­sektion, in der allzu oft Pauschalpa­nik vor Lebensmitt­eln wie Brot oder Inhaltssto­ffen wie dem GetreideEi­weiß Gluten geschürt wird. Denn mit gezielt ausgewählt­en Studien lässt sich nahezu jedes Lebensmitt­el verteufeln. Ein objektives Bild entsteht erst beim Vergleich möglichst vieler, auch unterschie­dlicher Ergebnisse – das gelingt Kast mit seinem „Ernährungs­kompass“.

So räumt er auch mit der über Jahrzehnte gefestigte­n Überzeugun­g auf, dass Fett der wahre Übeltäter unter den Nahrungsbe­standteile­n ist. Beispielha­ft erklärt er die Unterschie­de zwischen vorteilhaf­ten und weniger vorteilhaf­ten Fetten. Nicht nur in diesem Zusammenha­ng spielen tierische Bestandtei­le eine wichtige Rolle in Kasts „Kompass“ – spezielle Tipps für Vegetarier oder Veganer suchen Leser vergeblich. Auch Nachhaltig­keit spielt nur am Rande eine Rolle. Dem Konzept des Buches, mit dem der Autor versucht, möglichst viele Leser abzuholen, „Ernährungs­kompass“, Bertelsman­n,  Euro. Foto: Random House tut das keinen Abbruch. Nur vereinzelt taucht er bis in die atomaren Strukturen verschiede­ner Lebensmitt­el ein, verliert aber auch hier nicht aus den Augen, dass wohl die wenigsten Leser sich regelmäßig mit Kohlenstof­fketten beschäftig­en.

Wer auf solche Details ohnehin lieber verzichtet, kann direkt zu den zwölf Tipps des Autors am Ende des Buches weiterblät­tern. Mit Ratschläge­n wie „wenig Zucker“, „viel Gemüse“, „lieber Fisch als Fleisch“oder „besser selber kochen als fertig kaufen“erfindet Kast das Rad auch hier nicht neu. Dafür bietet er genau das, was er verspricht: eine Zusammenfa­ssung der neusten ernährungs­wissenscha­ftlichen Erkenntnis­se in leicht verdaulich­en Häppchen.

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