Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Hartz IV ist reformbedürftig
Ein Sozialstaat kann dauerhaft nur bestehen, wenn die Bürger ihn als gerecht empfinden und er finanziert werden kann. In Deutschland ist beides fraglich. Mit Rekord-Steuereinnahmen lassen sich gesellschaftliche Konflikte zukleistern. Aber was passiert, wenn die Konjunktur schwächelt und die Schuldzinsen steigen?
Die arbeitende Bevölkerung, die schrumpfende Mittelschicht also, muss immer mehr Sozialausgaben finanzieren, während die Hartz-IV-Empfänger das System kritisieren, weil es ihnen nur das Lebensnotwendige garantiert. Arbeitswilligen erschwert es, wieder in Lohn und Brot zu kommen. Die Zahlen erschrecken: Hartz IV kostet jedes Jahr rund 30 Milliarden Euro, fast sechs Millionen Menschen beziehen es, davon 1,6 Millionen Nicht-EU-Ausländer. Das führt zu Ablehnung bei denen, die Steuern zahlen und ihre Kinder trotzdem in marode Schulen schicken und ihre Autos durch Schlaglöcher lenken müssen.
Mancher Lösungsvorschlag wirkt hilflos und lebensfremd. So schlagen die SPD-Politiker Ralf Stegner und Michael Müller ein solidarisches Grundeinkommen vor. Sozialleistungen gegen gemeinnützige Arbeit? Das wird nie funktionieren. Aber die SPD versucht verzweifelt, sich von der angeblichen Erblast der Ära Schröder zu befreien. Realistischer sind Ansätze der Wirtschaft: Wer von seinem Lohn nur 100 Euro zusätzlich zu Hartz IV behalten darf, ist kaum motiviert zu arbeiten.