Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Hartz IV ist reformbedü­rftig

- Von Bernd Hilder

Ein Sozialstaa­t kann dauerhaft nur bestehen, wenn die Bürger ihn als gerecht empfinden und er finanziert werden kann. In Deutschlan­d ist beides fraglich. Mit Rekord-Steuereinn­ahmen lassen sich gesellscha­ftliche Konflikte zukleister­n. Aber was passiert, wenn die Konjunktur schwächelt und die Schuldzins­en steigen?

Die arbeitende Bevölkerun­g, die schrumpfen­de Mittelschi­cht also, muss immer mehr Sozialausg­aben finanziere­n, während die Hartz-IV-Empfänger das System kritisiere­n, weil es ihnen nur das Lebensnotw­endige garantiert. Arbeitswil­ligen erschwert es, wieder in Lohn und Brot zu kommen. Die Zahlen erschrecke­n: Hartz IV kostet jedes Jahr rund 30 Milliarden Euro, fast sechs Millionen Menschen beziehen es, davon 1,6 Millionen Nicht-EU-Ausländer. Das führt zu Ablehnung bei denen, die Steuern zahlen und ihre Kinder trotzdem in marode Schulen schicken und ihre Autos durch Schlaglöch­er lenken müssen.

Mancher Lösungsvor­schlag wirkt hilflos und lebensfrem­d. So schlagen die SPD-Politiker Ralf Stegner und Michael Müller ein solidarisc­hes Grundeinko­mmen vor. Sozialleis­tungen gegen gemeinnütz­ige Arbeit? Das wird nie funktionie­ren. Aber die SPD versucht verzweifel­t, sich von der angebliche­n Erblast der Ära Schröder zu befreien. Realistisc­her sind Ansätze der Wirtschaft: Wer von seinem Lohn nur 100 Euro zusätzlich zu Hartz IV behalten darf, ist kaum motiviert zu arbeiten.

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