Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Darf es auch eine Quadriga sein?
„Der Kulturstadt gehen offensichtlich die Kulturgrößen aus: Erstmals seit 20 Jahren wurde am 3. Oktober in Weimar kein Weimarpreis verliehen.“
So konnte man 2010 in dieser Zeitung lesen. Es war das Jahr, in dem der Weimarer Schauspieler Detlef Heintze mit 65 aus dem Ensemble des Deutschen Nationaltheaters ausschied. Heintze hatte an diesem Theater alle großen Rollen gespielt, darunter mehrfach den Faust unter Fritz Bennewitz. Er hatte den Ruhm des DNT über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus getragen. Doch sein Abschied blieb, wie seine künstlerische Lebensleistung, von der Preisjury unbemerkt.
Auch 2011 fand das Gremium keinen geeigneten Kandidaten, dafür einen Kniff, wie es künftig die Qual seiner Wahl mildern und die Zahl der zu Ehrenden reduzieren kann. Ein Passus wurde ins Statut eingebracht, über den sie heute noch streiten: „Der Weimarpreis kann im zweijährigen Rhythmus verliehen werden.“Der Satz ist uneindeutig. Haben sie darin nun das „auch“vergessen oder das „nur“? Wie auch immer, man setzte erneut aus und nutzte die zwei verlorenen Jahre intensiv zur Kandidatensuche.
Man fand, nunmehr im Zwei-JahresRhythmus, den Architekten Gerd Zimmermann, den Komponisten Ludger Vollmer und den Weltmusiker Alan Bern. 2013 hätte man die Klausel fast vergessen, bemerkte den Irrtum aber noch rechtzeitig – vermutlich bot sich sowieso gerade wieder kein Kandidat an.
2015 und 2017 fehlte der Preisträger turnusmäßig. Und falls hinter diesem Weimarer Minimalismus Methode steckt, droht dieses Jahr wieder eine Wahl. Und die Zeit, Compañeros, sitzt einem immer im Nacken: Nur noch bis zum 31. März dürfen Vorschläge eingereicht werden!
Um nicht missverstanden zu werden: Eine Stadt, die seit 1990 ihre verdienstvollsten Kultur- und Geistesbürger ehrt, ist wahrlich nicht kleinlich. Von Jutta Hecker bis Volkhard Knigge, von Peter Gülke bis Hans Tutschku, von Gisela Kraft bis Jorge Semprun und von Walter Sachs bis Wulf Kirsten – die Geehrten ehren Weimar.
Leider fehlen immer noch wichtige Namen. Für den Fall, dass für 2018 noch kein würdiger Preisträger auf der Agenda steht, ich hätte hier noch ein paar heiße Kandidaten. Ihre Bekanntheit bundesweit und ihre Verdienste für die Kulturstadt stehen außer Frage. Man muss sie nicht unbedingt mögen, doch Weimar sollte sich, endlich, zu ihnen bekennen. Ich schlage sie als Quadriga vor: den Kulturstadtmanager Bernd Kauffmann, die „Pèlerinages“-Intendantin Nike Wagner, den DNT-Intendanten Stephan Märki und den prämierten Faust-Darsteller Thomas Thieme.
Falls nicht mehr parat, ihre Lebensläufe liefere ich gerne nach.