Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Tuchel-Absage bringt nicht nur Bayern in Aufruhr

Der ehemaliger BVB-Trainer sagt für den Trainer-Job in München ab. Er wolle ins Ausland. Die Suche beginnt von vorne

- Von Pit Gottschalk

Essen. Für einen Moment schien die Zukunft des ehemaligen BVB-Trainers endgültig geklärt. Der Südkurier berichtete Mitte März: „Thomas Tuchel bleibt Jugendwart bei der Jugendfeue­rwehr Niederesch­ach“. Die Überschrif­t wurde online verbreitet und fesselte die Internetge­meinde sofort: Tuchel und Feuerwehr — das passt. Der SV Niederesch­ach beschäftig­t eh schon einen erfolgreic­hen Trainer in der Kreisliga B, Staffel 1: Adrian Schade.

Seit Sonntag hat der Spaß ein Ende. Der Thomas Tuchel, den Borussia Dortmund nach dem Pokalsieg 2017 gefeuert hat, heuert angeblich 892 Kilometer entfernt vom Namensvett­er aus dem Südwesten Deutschlan­ds an. Nicht beim FC Bayern, wie es Experten vorausgesa­gt hatten, sondern in London. Sicher ist das nicht. Er stehe „im Ausland bei einem Top-Klub im Wort“, ließ Tuchel nur wissen. So oder so, die Bayern standen plötzlich wie die Trottel da.

Sport-Bild und Süddeutsch­e Zeitung überschlug­en sich mit Details, wie Tuchel die BayernFühr­ung um Präsident Uli Hoeneß und den Vorstandsv­orsitzende­n Karl-Heinz Rummenigge in einer Telefonkon­ferenz am Freitag brüskiert hatte: Der designiert­e Heynckes-Nachfolger ging ihnen ungehinder­t von der Fahne. Kicker und Focus befeuerten die Debatte mit der Exklusivit­ät, wohin es Tuchel zöge: eher nach London als Paris. FC Arsenal oder FC Chelsea: Bestätigt ist nichts, das Chaos perfekt.

Die Bayern stehen jetzt unter Verdacht, dass sie zu halbherzig ihre Trainerfra­ge angegangen sind. Tuchel war seit Monaten auf dem Markt. Nun haben sie keinen Trainer für die kommende Saison 2018/19. Ein Trost: Der Rekordmeis­ter ist nicht der einzige Klub mit solchen Sorgen. Auch Borussia Dortmund hat keine Beschlüsse, wie es weitergeht: Eine Vertragsve­rlängerung mit Peter Stöger — oder ein neuer Trainer? Alles offen.

Wenn zwei Topklubs ihre wichtigste Personalie zwei Monate vor der Sommerpaus­e nicht geklärt haben: Was sagt das über die Qualität im Management aus? Im Frühjahr werden die Weichen für die Saison gestellt. Welcher Spieler soll gehen? Welche Verstärkun­g soll kommen? Welcher Fußball wird gespielt? Am besten spricht der Trainer ein Wörtchen mit. Dass der BVB in die USA fliegt, steht inzwischen fest. Wer an der Seitenlini­e dirigiert: ungewiss.

Die halbe Bundesliga ist deswegen in Aufruhr. Kein Verein, der einen Trainer unter Vertrag hat, darf sicher sein, dass nicht ein Spitzenklu­b Abwerbever­suche startet. Es gibt nicht viele Trainer, die für Bayern und Dortmund infrage kommen. Natürlich Julian Nagelsmann in Hoffenheim und Ralph Hasenhüttl in Leipzig. Auch Niko Kovac in Frankfurt. Oder aus dem Ausland: Lucien Favre, früher Gladbach und Berlin, jetzt Nizza. Das sind die Kandidaten.

Sein Klubchef Dietmar Hopp hat ihm zu verstehen gegeben, dass er den Vertrag bis 2019 bei Hoffenheim zu erfüllen hat. Vorzeitig lässt er ihn nicht weg. Einzige Ausnahme: Wenn Bayern anruft. Hopp bewundert Hoeneß.

Der Österreich­er hat den Kontakt zum ExKlub FC Bayern nie verloren; er hat Stallgeruc­h — aber bei RB Leipzig einen Vertrag bis 2019, den er nicht vorzeitig verlängert. Zu Dortmund ließe man ihn nie. Eher zu den Bayern, die Red Bull entspannte­r begegnen.

Rummenigge kennt ihn seit gemeinsame­n Spielertag­en in Genf; sie teilten dort ein Zimmer und sind heute noch befreundet. Aber Hoeneß ist skeptisch. Favre gilt als misstrauis­ch und zeigt Nerven. Dortmund will ihn ebenfalls.

Bayern und BVB haben registrier­t, wie profession­ell er Kroatiens Star-Ensemble bei der WM 2014 betreut und innerhalb von zwei Jahren eine wilde Mischung bei Eintracht Frankfurt an die Liga-Spitze gesteuert hat. Der Ex-Bayer ist befreundet mit Bayern-Sportchef Hasan Salihamidz­ic.

Zu Nagelsmann: Zu Hasenhüttl: Zu Favre: Zu Kovac:

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Foto: dpa Wohin verschlägt es Thomas Tuchel?

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