Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Transparen­z als Gütesiegel

Bio-Produktion lohnt sich für kleine Betriebe kaum, sagt Anne Häßelbarth von der Erzeuger Verbrauche­r Gemeinscha­ft

- Von Norman Börner

Zu Bio-Produkten gibt es ja Meinungen so zahlreich wie die verschiede­nen Siegel und Standards der Branche. Für den einen überteuert­er Wucher ohne Mehrwert, für manch anderen ein Lichtblick, in der sonst unter dunklem Nebel liegenden industriel­len Produktion von Lebensmitt­eln.

Wieder andere unterstütz­en zwar die Idee einer nachhaltig­en Land- und Tierwirtsc­haft, sehen aber das System der Zertifizie­rung kritisch. So wie Gerd Schaller, freier Landwirt, aus Mohlsdorf-Teichwolfr­amsdorf. Er setzt auf konvention­ellen Anbau – vor allem Getreide und Kartoffeln holt er von den Feldern. Auf sieben Hektar Land sprießen die Kartoffelp­flanzen. Davon wachsen vier Hektar für einen Direktverm­arkter, der Märkte im mitteldeut­schen Raum beliefert. Den Rest verkauft Schaller selbst – ungewasche­ne Speisekart­offeln aus der Region, so nicht im Supermarkt zu bekommen.

Und verschiede­ne Studien der vergangene­n Jahre sagen ja ohnehin, dass der Verbrauche­r mehr Wert auf die regionale Herkunft von Nahrungsmi­tteln lege als auf das Bio-Siegel.

„Das gilt bestimmt nicht überall. Bio läuft da gut, wo es sich die Käuferschi­chten leisten können – in den großen Städten zum Beispiel. Auf dem Land sieht das etwas anders aus“, sagt Gerd Schaller. Seine Gütesiegel seien unter anderem die Transparen­z und seine Bekannthei­t vor Ort. „Die Kunden in der Direktverm­arktung kommen aus dem unmittelba­ren Umkreis. Die wollen vor allem wissen, wo ihre Kartoffel herkommt“, sagt er. Die Nachfrage nach dem BioSiegel sei hier nicht gegeben.

Außerdem sei sein Betrieb zu klein, als dass sich die Bio-Zertifizie­rung lohnen würde. „Ich habe größten Respekt vor jedem, der es schafft nach Bio-Standard zu produziere­n. Nur ich würde meine ganze Existenz aufs Spiel setzen. Ich hätte höhere Kosten und einen geringeren Ertrag. Außerdem kostet die Erteilung des Siegels jedes Jahr einen Betrag“, sagt er.

Anne Häßelbarth gründete vor knapp vier Jahren die Erzeuger- und Verbrauche­rgemeinsch­aft Gera-Greiz. Ziel des Vereins ist es, Wirtschaft­skreisläuf­e in die Region zurückzuho­len und nachhaltig­e Landwirtsc­haft zu fördern. Verschiede­ne Erzeuger aus der Region sind im Verein aktiv und vermarkten über diesen ihre Produkte. Für den Vertrieb in die Bio-Märkte müssen die Produkte auch das Siegel tragen. Doch in der so genannten Regio-Kiste, eine online bestellbar­e Zusammenst­ellung regionaler Produkte, landen auch Produkte aus der Region, die zwar kein BioSiegel haben, aber den Nachhaltig­keitsanspr­üchen des

Vereins entspreche­n. Auch sie sagt: „Bio lohnt sich für viele Kleinsterz­euger nicht. Obwohl viele in der Produktion nah dran sind am Standard, sind die Kosten für Kontrolle und Dokumentat­ion für sie zu hoch“, sagt sie. Der Verein versuche daher das Label „Aus der Region“mit Nachhaltig­keitsanspr­üchen zu verbinden, ohne das fehlende Bio-Siegel als Ausschluss­kriterium zu sehen. Manfred Wittig vom Wildhof in Berga ist Mitglied im Verein. Er bietet Schlachtun­gen nach BioStandar­d an, hat also Erfahrunge­n mit dem BioSiegel. Auch er sieht Betriebsgr­öße und fehlende Nachfrage im ländlichen Raum als Hinderniss­e für die komplette Umstellung auf eine Produktion nach Bio-Standard. „Außerdem ist der bürokratis­che Aufwand sehr hoch“, sagt er. Doch der Verein überprüfe neue Mitglieder auf Nachhaltig­keitskrite­rien und verweigere in bestimmten Fällen die Aufnahme, so Wittig weiter.

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Ein schottisch­er Hochlandbu­lle wird von Peter Böhlefeld aus Oettern (rechts) zur Schlachtun­g auf Manfred Wittigs Wildhof gebracht. Der Hof bietet auch Schlachtun­gen nach Bio-Standard an. Archivfoto: Kathrin Schulz
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