Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Transparenz als Gütesiegel
Bio-Produktion lohnt sich für kleine Betriebe kaum, sagt Anne Häßelbarth von der Erzeuger Verbraucher Gemeinschaft
Zu Bio-Produkten gibt es ja Meinungen so zahlreich wie die verschiedenen Siegel und Standards der Branche. Für den einen überteuerter Wucher ohne Mehrwert, für manch anderen ein Lichtblick, in der sonst unter dunklem Nebel liegenden industriellen Produktion von Lebensmitteln.
Wieder andere unterstützen zwar die Idee einer nachhaltigen Land- und Tierwirtschaft, sehen aber das System der Zertifizierung kritisch. So wie Gerd Schaller, freier Landwirt, aus Mohlsdorf-Teichwolframsdorf. Er setzt auf konventionellen Anbau – vor allem Getreide und Kartoffeln holt er von den Feldern. Auf sieben Hektar Land sprießen die Kartoffelpflanzen. Davon wachsen vier Hektar für einen Direktvermarkter, der Märkte im mitteldeutschen Raum beliefert. Den Rest verkauft Schaller selbst – ungewaschene Speisekartoffeln aus der Region, so nicht im Supermarkt zu bekommen.
Und verschiedene Studien der vergangenen Jahre sagen ja ohnehin, dass der Verbraucher mehr Wert auf die regionale Herkunft von Nahrungsmitteln lege als auf das Bio-Siegel.
„Das gilt bestimmt nicht überall. Bio läuft da gut, wo es sich die Käuferschichten leisten können – in den großen Städten zum Beispiel. Auf dem Land sieht das etwas anders aus“, sagt Gerd Schaller. Seine Gütesiegel seien unter anderem die Transparenz und seine Bekanntheit vor Ort. „Die Kunden in der Direktvermarktung kommen aus dem unmittelbaren Umkreis. Die wollen vor allem wissen, wo ihre Kartoffel herkommt“, sagt er. Die Nachfrage nach dem BioSiegel sei hier nicht gegeben.
Außerdem sei sein Betrieb zu klein, als dass sich die Bio-Zertifizierung lohnen würde. „Ich habe größten Respekt vor jedem, der es schafft nach Bio-Standard zu produzieren. Nur ich würde meine ganze Existenz aufs Spiel setzen. Ich hätte höhere Kosten und einen geringeren Ertrag. Außerdem kostet die Erteilung des Siegels jedes Jahr einen Betrag“, sagt er.
Anne Häßelbarth gründete vor knapp vier Jahren die Erzeuger- und Verbrauchergemeinschaft Gera-Greiz. Ziel des Vereins ist es, Wirtschaftskreisläufe in die Region zurückzuholen und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Verschiedene Erzeuger aus der Region sind im Verein aktiv und vermarkten über diesen ihre Produkte. Für den Vertrieb in die Bio-Märkte müssen die Produkte auch das Siegel tragen. Doch in der so genannten Regio-Kiste, eine online bestellbare Zusammenstellung regionaler Produkte, landen auch Produkte aus der Region, die zwar kein BioSiegel haben, aber den Nachhaltigkeitsansprüchen des
Vereins entsprechen. Auch sie sagt: „Bio lohnt sich für viele Kleinsterzeuger nicht. Obwohl viele in der Produktion nah dran sind am Standard, sind die Kosten für Kontrolle und Dokumentation für sie zu hoch“, sagt sie. Der Verein versuche daher das Label „Aus der Region“mit Nachhaltigkeitsansprüchen zu verbinden, ohne das fehlende Bio-Siegel als Ausschlusskriterium zu sehen. Manfred Wittig vom Wildhof in Berga ist Mitglied im Verein. Er bietet Schlachtungen nach BioStandard an, hat also Erfahrungen mit dem BioSiegel. Auch er sieht Betriebsgröße und fehlende Nachfrage im ländlichen Raum als Hindernisse für die komplette Umstellung auf eine Produktion nach Bio-Standard. „Außerdem ist der bürokratische Aufwand sehr hoch“, sagt er. Doch der Verein überprüfe neue Mitglieder auf Nachhaltigkeitskriterien und verweigere in bestimmten Fällen die Aufnahme, so Wittig weiter.