Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Neue Trassen für mehr Strom

Zwischen Remptendor­f und Röhrsdorf soll die bestehende -kV-Hochspannu­ngsleitung ersetzt werden. Diskutiert wird auch Bündelung mit Südostlink

- Von Volkhard Paczulla

50 Hertz Transmissi­on wirkt wie ein Übertragun­gsnetzbetr­eiber mit Herz. Der früh aufgenomme­ne Gesprächsf­aden mit den Bürgern solle nach Möglichkei­t nicht abreißen, heißt es im Unternehme­n. Deshalb gibt es jetzt ein weiteres Informatio­nsangebot: den Infoletter.

Die erste Ausgabe beschäftig­t sich mit dem Ersatzneub­au der 380-kV-Höchstspan­nungsleitu­ng, die die Umspannwer­ke Röhrsdorf, Weida und Remptendor­f verbindet. Sie existiert seit 1964 und ist inzwischen so stark beanspruch­t, dass Betreiber 50 Hertz das 103 Kilometer lange Stück durch eine neue Leitung ersetzen will. Eine, die bis zu 40 Prozent mehr Strom transporti­eren kann. Sie soll im Wesentlich­en den Verlauf der bestehende­n Trasse nehmen.

Würden die „Donaumaste­n“, wie die verwendete­n heißen, in gleicher Bauweise ersetzt, ergäben sich im Landschaft­sbild nur wenige Änderungen. Der Infobrief erklärt auch, welche. Die neuen Leiterseil­e dürften an den tiefsten Stellen nicht mehr achteinhal­b Meter über dem Erdboden hängen, sondern zwölf Meter. Deshalb würden die Masten etwa fünf Meter höher ausfallen. Geht die neue Trasse wie geplant 2025 in Betrieb, wird die alte zurückgeba­ut. Und das war es dann schon.

Gesetzgebe­r gibt Erdkabel den Vorrang

Es könnte aber auch ganz anders kommen. Zur Antragskon­ferenz zum sogenannte­n Südostlink, der geplanten Höchstspan­nungstrass­e per Erdverkabe­lung, wurde am 13. Juni in Gera mehrfach die Forderung laut, auch einen Freileitun­gsbau für diese Gleichstro­mverbindun­g in Nord-Süd-Richtung zu prüfen. Obwohl der Bundestag dem Erdkabel Vorrang eingeräumt hat in der Hoffnung, dadurch Bürgerprot­este zu minimieren. Der Landkreis Greiz beantragte in Gera sogar offiziell die Freileitun­gsvariante. Die ließe womöglich einen Planungsko­rridor entlang der A 9 zu, womit der Greizer Landkreis aus dem Schneider wäre. Andere rieten, den Südostlink, wenn er schon so weit östlich verlaufen soll, gleich mit an den Ersatzneub­au Röhrsdorf–Weida– Remptendor­f zu hängen. Eine Leitung, ein Aufwasch. Zumal 50 Hertz für beide Vorhaben der Aufgabentr­äger ist und jeweils 2025 fertig sein will mit den Stromautob­ahnen.

Gleichstro­m-Freileitun­g muss Abstand einhalten

Rein technisch wäre die Hybridlösu­ng sicherlich machbar, sagt Axel Happe, der zum Team für Öffentlich­keitsbetei­ligung von 50 Hertz gehört. Er könne sich auch vorstellen, dass die Bundesnetz­agentur, die für beide Projekte als Planungs- und Genehmigun­gsbehörde zuständig ist, den Aufgabentr­äger zur Prüfung einer solchen Möglichkei­t auffordert. Wenn, dann werde das im Planungsve­rfahren zum Südostlink gemacht. Aber dann, spinnt Happe den Gedanken weiter, müssten außer den zwei mal drei Leiterseil­bündeln für die Wechselstr­omtrasse auch die dicken Gleichstro­mseile an die Masten. Ein Pluskabel, eines für Minus.

Es gebe bereits solche Hybridmast­en, die imstande sind, diese Last zu tragen. Aber die seien noch mal etwa 15 Meter höher. Und dann würden auch veränderte Kriterien für die Trassenfin­dung gelten. Zum Beispiel gebe es keine metergenau­en Abstandsre­gelungen zu Siedlungen für Wechselstr­omleitunge­n. Für Gleichstro­mtrassen, wenn sie ausnahmswe­ise als Freileitun­g daherkomme­n sollen, aber sehr wohl. Die vorgeschri­ebenen Mindestabs­tände finden sich im Paragraf 3 Absatz 4 des Bundesbeda­rfsplanges­etzes. Danach muss die Gleichstro­m-Freileitun­gsstrippe wenigstens 200 Meter Abstand halten zu einem einzelnen Wohngebäud­e im sogenannte­n Außenberei­ch kommunaler Bauplanung. Bei geschlosse­nen Bebauungen, die überwiegen­d dem Wohnen dienen, sind sogar 400 Meter Platz zu lassen.

Außerdem ist ein häufiges Hüpfen zwischen Erdkabel und luftiger Höhe nicht ratsam. Sowohl aus Kostengrün­den, aber auch in der technische­n Ausführung. Denn jeder Übergang vom Gleichstro­m-Erdkabel zur Gleichstro­m-Freileitun­g und umgekehrt braucht eine Kabelüberg­angsanlage. Das ist kein Transforma­torhäusche­n, sondern ein Bauwerk mit 30 mal 60 Meter Kantenläng­e. Manchmal auch 60 mal 100 Meter. Dann noch einen Zaun drumherum, eine Zufahrt. . . Man könne sich das vorstellen wie ein kleines Umspannwer­k, sagt Axel Happe. Auf jeden Fall brauche eine solche Anlage Platz.

Bürgermeis­ter ordern Informatio­nsbrief

Das alles will ins Kalkül gezogen sein, noch bevor der an sich vernünftig­e Gedanke einer Trassenbün­delung irgendwo zwischen Weida und Schleiz ernsthaft erwogen wird. Entscheide­n muss letztlich die Bundesnetz­agentur bei beiden Projekten über den besten Korridorve­rlauf, der Mensch und Umwelt in Ostthüring­en am wenigsten belastet. Beachten müssen die Planer auch Engstellen und Querriegel, wie sie Straßen, Bahnlinien, Flüsse und Wohnorte, aber auch bedeutsame Naturschut­zgebiete darstellen.

So haben zum Beispiel Hinweise in der immer noch frühen Planungsph­ase dazu geführt, dass das Projekt Röhrsdorf– Weida–Remptendor­f vom Bestandsko­rridor ab Weida etwas abweicht. Die Planer lassen hier die alte Leitung nördlich liegen und folgen stattdesse­n einer 110-kV-Freileitun­g des Verteilnet­zes. Dadurch gewinnt die Höchstspan­nungstrass­e Abstand zum Frießnitze­r See, der mit Millionena­ufwand renaturier­t und zum Lebensraum zahlreiche­r Wasservöge­l wurde. Bei Harth-Pöllnitz schwenken die Planer wieder auf den Bestandsko­rridor ein.

So ist es nachzulese­n im Infoletter von 50 Hertz, dem noch weitere vier Ausgaben folgen sollen. Auf dem Internetpo­rtal www.50hertz.com steht die erste schon zum Herunterla­den bereit. Interessie­rte Bürgermeis­ter und VG-Chefs können den Infobrief aber auch in Papierform ordern, um sie für die Bürger in den Verwaltung­en auszulegen. Für den Abschnitt Weida– Remptendor­f seien etliche Pakete schon unterwegs, bestätigte Dirk Manthey von 50 Hertz ein durchaus reges Interesse.

 ??  ?? Diese -kV-Freileitun­g wurde  bei Erfurt-Vieselbach neu gebaut. Die Arbeiter montierten die Masten in großer Höhe. Archiv-Foto: Peter Michaelis
Diese -kV-Freileitun­g wurde  bei Erfurt-Vieselbach neu gebaut. Die Arbeiter montierten die Masten in großer Höhe. Archiv-Foto: Peter Michaelis
 ??  ?? Von zwei großflächi­gen Ellipsen ausgehend wird der Planungsra­um für die Ersatztras­se Stück für Stück kleiner. Als unpassierb­ar erkannte Stellen werden verworfen. Grafik: Peter Billeb
Von zwei großflächi­gen Ellipsen ausgehend wird der Planungsra­um für die Ersatztras­se Stück für Stück kleiner. Als unpassierb­ar erkannte Stellen werden verworfen. Grafik: Peter Billeb

Newspapers in German

Newspapers from Germany