Ostthüringer Zeitung (Gera)

Auf dem Weg in die Freiheit gestorben

Forschungs­verbund SED-Staat der Freien Universitä­t Berlin recherchie­rte die Todesumstä­nde von  Grenzopfer­n

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Schroeder und Dr. Jochen Staadt haben in akribische­r Arbeit die Lebensläuf­e und die Begleitums­tände des Todes von 327 Personen recherchie­rt.

Knapp fünf Jahre lang haben die Forscher die einzelnen Fälle untersucht. Das sogenannte „Totenbuch II“umfasst die Biografien von Bürgern aus dem ehemaligen Ost- und Westdeutsc­hland, denen das DDRRegime zum Verhängnis wurde. Berichtet wird auch über die Schicksale von Polizisten und Soldaten, die sich das Leben nahmen oder im Dienst erschossen wurden.

Ausführlic­h schildern die Autoren die jeweiligen Lebensumst­ände, Flucht- und Todesursac­hen der Grenzopfer. Das jüngste war keine sechs Monate alt – der Junge erstickte bei der Flucht seiner Eltern im Kofferraum eines PKW. Das älteste Opfer war ein 81-Jähriger aus Niedersach­sen, der 1967 irrtümlich in ein Minenfeld geriet und verblutete. 80 Prozent der Verstorben­en waren jünger als 35 Jahre.

Das Forscherte­am wertete Dokumente in Archiven und der Stasiunter­lagenbehör­de aus. Außerdem wurden Zeitzeugen zu Zwischenfä­llen an der innerdeuts­chen Grenze befragt. Die Publikatio­n knüpft an die im Jahr 2009 herausgege­bene Studie „Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961 - 1989“des Zentrums für Zeitgenöss­ische Forschung Potsdam und der Gedenkstät­te Berliner Mauer an. Die Zahl der Mauertoten wird mit 139 angegeben. Nicht endgültig geklärt bleiben vorerst die Todesfälle von DDR-Bürgern bei Fluchtvers­uchen über die Ostsee oder in ehemalige andere Ostblockst­aaten.

Der Forschungs­verbund wurde 1992 gegründet und hat sich die wissenscha­ftliche Aufarbeitu­ng der DDR-Geschichte zur Aufgabe gemacht. Gefördert wurde das Projekt mit rund 500 000 Euro von Monika Grütters, Staatsmini­sterin für Kultur und Medien, sowie der Länder Niedersach­sen, Sachsen-Anhalt und Hessen.

Die Vorderseit­e des Buches zeigt den durchschos­senen Sozialvers­icherungsa­usweis eines Bürgers, der am 21. April 1973 bei einem Fluchtvers­uch am DDR-Grenzüberg­ang Marienborn starb.

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