Denken als Produkt der Evolution
Gerhard Haszprunar bei Abbe-Kolloquium
Jena. Zuerst lernte der Mensch den aufrechten Gang, dann allmählich setzte die Gehirnentwicklung ein – nicht andersherum oder parallel ging die Entwicklung vonstatten. Dies hat die Paläoanthropologie längst bewiesen. Erst kürzlich wurden dazu die wesentlichen genetischen Veränderungen bekannt.
Nicht nur das Selbstbewusstsein, auch unser vernünftiges Denken sei ein Produkt der Evolution, betont der Münchener Zoologe Gerhard Haszprunar: „Der menschliche Geist fiel daher nicht vom Himmel, sondern ist – stammesgeschichtlich wie individuell – das Ergebnis von schöpferischen Naturgesetzen“.
Über diese schöpferischen Naturgesetze und das Denken als Produkt der Evolution wird der gebürtige Wiener Haszprunar am Mittwoch im Zeiss-Planetarium in Jena sprechen. Haszprunars öffentlicher Vortrag „Zur Evolution des ,Ich‘“findet im Rahmen des Ernst-Abbe-Kolloquiums statt, das von der Universität Jena und der Ernst-Abbe-Stiftung ausgerichtet wird.
Wie sich Körper und Geist beeinflussen
In seinem Vortrag wird der renommierte Biologe darlegen, dass Körper und Geist – anders als dies die griechische und klassizistische Philosophie behauptete – keine klar getrennten Dinge sind. Mit Blick auf die moderne Neurobiologie wird er die engen Wechselwirkungen von Körper und Geist präsentieren, die gegenseitige Beeinflussung von Gehirnstruktur und Ich-Gefühl. „Dies zeigt sich unter anderem an Phänomenen wie Schlaganfall oder Psychopharmaka, aber auch bei Placebo-Effekten“, nennt der Entwicklungsbiologe einige Beispiele.
Gerhard Haszprunar ist Lehrstuhlinhaber für Systematische Zoologie an der Universität München und steht der Zoologischen Staatssammlung und den Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns vor.