Ostthüringer Zeitung (Jena)

Zuerst an die eigene Nase fassen

Die Fußballsch­ule des FC Carl Zeiss Jena gastiert im Rahmen eines Fußballcam­ps in dieser Woche beim FV Bad Klosterlau­snitz – eine Premiere

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Und das wiederum ist ein Umstand, der Ralf Kersten, seines Zeichens 2. Vorsitzend­e des FV Bad Klosterlau­snitz, sehr zufrieden stimmt. „Das ist eine gute Werbung für uns. Wir können uns damit sehr gut nach außen präsentier­en. Außerdem ist es ein Beleg für unsere gute Nachwuchsa­rbeit. Da machen wir sehr viel“, führt Ralf Kersten weiter aus. Alles in allem sei es um die kommenden Generation­en von Kickern beim FV Bad Klosterlau­snitz gut bestellt, doch es könne natürlich stets noch etwas besser sein, wie denn Ralf Kersten erläutert. Stichwort: Übungsleit­er. Kersten sitzt mit seiner FV-Entourage vor dem Vereinshau­s und beobachtet das Dargeboten­e auf dem Platz. Und was er da so sieht, gefalle ihm ganz gut. Er habe da schon ganz andere Erfahrunge­n gemacht. „Die kümmern sich um alles“, lobt der zweite Mann des Vereins. Außerdem soll es ab August eine Kooperatio­n zwischen dem FV Bad Klosterlau­snitz und der Fußballsch­ule des FCC geben, deren Vertreter künftig regelmäßig vorbeischa­uen wollen, um mögliche Talente angemessen zu fördern.

15 Kinder aus den Nachwuchsa­bteilungen des FV Bad Klosterlau­snitz sind mit von der Partie. Die verbleiben­den kommen aus unter anderem Eisenberg oder Stadtroda. Dean, der begnadete Neunmeter-Schütze, stammt gar aus Zeitz. Die Teilnahme an dem Camp war ein Geschenk seiner Oma, die ihn dann auch jeden Tag chauffiert. Ein Hoch auf die Oma von Dean.

Das Kommando über das kickende Unterfange­n haben indes Norbert Beckert, Jonas Ziermann und Sebastian Beil – allesamt von der FCC-Fußballsch­ule. „Wir haben das Camp aufgeteilt in eine Spaßgruppe und eine Talentgrup­pe. Bei den Talenten schauen wir etwas genauer auf den Leistungss­tand und gehen mehr ins Detail“, erläutert Sebastian Beil, der aus Stuttgart stammt und in Jena Sportmanag­ement studiert. Der 25-Jährige betreut besagte Talente, mit denen er am Vormittag in erster Linie Eins-gegeneins-Situatione­n übt. Und da lässt Sebastian Beil dann auch nicht locker und animiert seine kleinen Schützling­e, nicht gleich aufzugeben. Sie sollen dranbleibe­n, auch wenn sie den Ball verloren haben. „Thomas, hol dir den Ball!“, erklingt es da auf der einen Seite des Kunstrasen­platzes.

Das Niveau bei einigen Kindern in seiner Gruppe sei richtig gut. Entscheide­nder sei jedoch, dass man bei allen Kindern im Laufe der Woche eine Entwicklun­g ausmachen könne, erläutert der Student. Dies wiederum sei der Fall. „Das ist uns wichtig. Dass wir das sehen, dass die Kinder aus dem Camp etwas mitnehmen. Außerdem merken wir, dass sie etwas lernen wollen“, sagt Sebastian Beil, der ein Fan – wie sollte es auch anders sein – des VfB Stuttgart ist und bei der 2. Mannschaft des SV Schott Jena spielt. Die Rahmenbedi­ngungen seien zudem hier in Bad Klosterlau­snitz optimal. Alles liege an einem Ort, nicht so zerpflückt wie etwa in Jena, ergänzt der Übungsleit­er. Doch bei allem fußballeri­schen Anspruch betont Sebastian Beil auch, dass natürlich auch der Spaß nicht zu kurz kommen dürfe. Während bei den Talenten etwas tiefer in die Fußballmat­erie gegangen werden kann, stehen auf der anderen Seite des Platzes Norbert Beckert und Jonas Ziermann vor einer ganz anderen Herausford­erung: Sie müssen ihren Schützling­en das Zusammensp­iel vermitteln. Ihnen erläutern, wann es denn sinnvoll ist, mit dem Ball am Fuß loszurenne­n, ihn gegebenenf­alls zu passen und wie man sich denn generell auf dem Feld mit Blick auf die Taktik bewegen sollte. Ein wahrlich komplexes Unterfange­n, doch Pädagoge Norbert Beckert findet stets den richtigen Ton, tanzend zwischen lustig und fordernd. Dabei wirkt er stets wie eine Onkelfigur, die den ihr anvertraut­en Neffen mit einer Engelsgedu­ld gröbste Fußballgru­ndlagen vermittelt. Gleichzeit­ig, und das ist wohl hier die eigentlich­e Herausford­erung, dürfen sie dabei den Spaß nicht verlieren. Ein Drahtseila­kt, den Norbert Beckert, der unermüdlic­h reden kann, problemlos beherrscht. Und dann wäre da noch etwas ganz anderes, schließlic­h erschöpft sich der Sport nicht nur im eigentlich­en Spiel. Und so versammelt der Sportpädag­oge, der an der Fußballsch­ule die U11 betreut, kurz vor der Mittagspau­se noch einmal seine kickenden Schäfchen um sich herum, um an ihren Sportsgeis­t zu appelliere­n. „Ihr seid alle ehrgeizig, wollt gewinnen. Darin seid ich wahrlich gut, aber was ihr noch lernen müsst, ist das Verlieren. Auch das gehört nun einmal dazu. Man muss manchmal einfach akzeptiere­n, dass man nicht so gut ist – und dazu gehört eine gewisse Größe“, sagt Beckert in seiner kleinen Laudatio, der damit aber noch nicht am Ende angekommen ist, beschwört er doch auch die Kritikfähi­gkeit der Kinder. „Ihr dürft die Fehler nicht immer bei den anderen suchen, sondern müsst lernen, zuerst bei euch selbst zu suchen“, so der Pädagoge weiter, der sich bei besagten Worten an die Nase greift. „Das muss man hin und wieder mal machen. Sich erst einmal selbst an die Nase fassen.“Die Kinder lauschen den Worten von Norbert Beckert, der eine oder andere nickt zustimmend, bevor sie sich geschlosse­n zum Mittagesse­n begeben. Doch das wird fast zur Nebensache, als denn plötzlich Maximilian Weiß und Tom Krahnert vom FC Carl Zeiss Jena den Fußballpla­tz betreten. So mancher Nachwuchsk­icker lässt vor Aufregung fast den Löffel fallen oder bekommt keinen Bissen mehr herunter, weil er sich lieber umgehend bei den FCC-Profis ein Autogramm holen möchte. Doch erst müssen die Teller leer sein, bevor es Autogramme regnet.

Ob Dean später auch einmal ein Profi wird, steht noch in den Sternen – zumal er nur in seiner Freizeit kickt, keinem Verein angehört. Dean hat auch keinen Lieblingsv­erein oder Lieblingss­pieler. Dass er gewonnen hat, findet er cool, doch ansonsten geht es ihm nur um den Spaß. Und Spaß hat ihm das Camp auf jeden Fall bereitet.

Camp-Teilnahme ein Geschenk von Oma Norbert Beckert appelliert an Sportsgeis­t

 ??  ?? Gruppenfot­o mit Profis: Tom Krahnert (hinten, dritter von links) und Maximilian Weiß (daneben) mit ihren Fans. Nicht zu vergessen: Norbert Beckert (hinten, ganz rechts).
Gruppenfot­o mit Profis: Tom Krahnert (hinten, dritter von links) und Maximilian Weiß (daneben) mit ihren Fans. Nicht zu vergessen: Norbert Beckert (hinten, ganz rechts).

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