Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Lachen und Tränen, Schmerz und Scham
Mit der Uraufführung „Cohn Bucky Levy – Der Verlust“verabschiedet sich Schauspieldirektor Bernhard Stengele von Altenburg
erleben in Altenburg nun ihre Familiengeschichte.
Gespielt wird an authentischen Orten: Im Haus am Markt, in dem die Cohn-Schwestern ihren wirtschaftlichen Erfolg starten, am Markt, wo Marianne und Sally heiraten, im Paul-Gustavus-Haus, wo die Familie Levy einige Jahre lebt. Die Künstlerin Marianne Hollenstein schafft mit minimalistischen Mitteln eindrucksvolle Spielorte im öffentlichen Raum und hinter der prächtigen Fassade des Paul-Gustavus-Hauses. Dort werden die vom Förderverein Zukunftswerkstatt mit sichtlich magerstem Budget vor dem Verfall bewahrten Räume Schauplätze der Familiensaga, im zweiten Teil des Abends aber auch immer mehr individueller Geschichten der Darsteller.
Der Verlust, dieser Abend macht es greifbar, ist ein Verlust an kultureller Vielfalt, an Lebensfreude und Bildung, den Deutschland mit der Vertreibung und Ermordung seiner jüdischen Bevölkerung erlitt. Er ist ein Verlust an Geborgenheit und Liebe, die eine große Familie bietet. Verlust heißt aber auch, wenn man aus einer Familie mit einem NS-Täter kommt, wie Christiane Nothofer mit brutaler Offenheit bekennt, die Unbeschwertheit zu verlieren. Der Moment, in dem die Schauspielerin in höchster Bedrängnis durch die Gestapo aus ihrer Rolle der hochkultivierten Franziska Levy heraustritt, gehört zu den intensivsten dieses Abends.
Scham, so erzählt Peter Prautsch im Publikumsgespräch danach, habe ihn ergriffen, als er als Sally Bucky im Kreis der Familie saß, der ja mit den Nachfahren auch wieder ein authentischer Familienkreis war, und draußen auf der Wallstraße der braune Mob seine Hassparolen brüllte. Wie viel Überwindung es sie kostete, „Juden raus“zu schreien, erzählt ein Darsteller der „MitspielerAkademie“. Die als Marianne Bucky wieder großartige Mechthild Scrobanita schenkt den Nachfahren die Fotos, zu denen sie sich vor Spielbeginn mit ihren „Ahnen“aufgestellt hatten. Die Söhne und Töchter und Enkel der Buckys und Levys danken Stengele, dem Team, der Stadt, vor allem aber Christian Repkewitz.
Der Heimatforscher ist der Held des Abends. Ohne seine Recherchen gäbe es dieses Stück nicht, nicht die Familienzusammenführung in Altenburg, gäbe es die Ländergrenzen, Religionen überspannende Kooperation nicht, nicht diese neue große Familie aus Künstlern aller Herren Länder, nicht diesen Herz und Geist ebenso herausfordernden Abschied Stengeles aus Altenburg.
Eindrucksvolle Spielorte im öffentlichen Raum